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Finanzielle Schwierigkeiten.
Michael
Thonets
Erzeug
nisse auf
der
Industrie
ausstellung
in Mainz.
Am 16. Juli 1842 wurde Michael Thonet von der
k. k. allgemeinen Hofkammer das von ihm angesuchte Pri
vilegium verliehen: »Jede, auch selbst die sprödeste
Gattung Holz auf chemisch-mechanischem Wege in beliebige
Formen und Schweifungen zu biegen.«
Vor seiner Abreise nach Wien beschickte Michael
Thonet im Jahre 1842 die allgemeine Industrieausstellung
in Mainz mit seinen Erzeugnissen. In dem im Aufträge des
GroJJherzoglich-Hessischen Gewerbevereines vom Sekretär
Rößler verfaßten »Ausführlichen Bericht« (Darmstadt 1843)
heißt es wörtlich:
»Michael Thonet, Möbelfabrikant in Boppard am Rhein,
6 Stück elastisch gepreßte Stühle von Mahagoniholz (47 fl.
15 kr.), zwei Sessel (zusammen 42 fl.), ein Lesetischchen mit
gewundener Säule und Tablettchen mit gepreßten Säulen,
beides nach derselben Methode gearbeitet. Die Vorteile dieser
dem Herrn Aussteller eigentümlichen Methode, für welche
derselbe in Österreich, Frankreich und Belgien patentiert ist,
bestehen hauptsächlich darin, daß den Möbeln bei vollkomme
ner Dauerhaftigkeit und Eleganz eine ausnehmende Leichtig
keit gegeben werden kann. Eine angenehme Elastizität an der
Rück- und Armlehne der Stühle wird von dem Herrn Aus
steller gleichfalls als Vorzug seiner Methode ausgegeben und
ferner bemerkt, daß die Arbeit bei geringerem Holzaufwande
schneller wie bei den auf gewöhnliche Weise gefertigten
Stühlen vonstatten geht. Die verschiedenen Teile des Stuhles
(mit Ausnahme des Sitzes) bestehen, nach Angabe des Herrn
Thonet, aus gebogenen, aber dem Wüchse des Holzes ent
sprechend geschnittenen Schienen, “
Finanzielle Schwierigkeiten.
Verlaßt eines Mißgeschickes willen den
Zweck nicht, den ihr früher euch gesetzt.
Shakespeare.
Die Erwirkung der Patente in den verschiedensten Län
dern und die Kosten und Auslagen dazu erforderten viel Geld.
Zusammenarbeiten mit Wiener Möbel- und Parketten-
fabrikanten.
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Michael Thonet hatte sein ganzes Vermögen geopfert, bis
er in Boppard so weit kam, Möbel aus gebogenem Holz in
dieser Vollkommenheit zu erzeugen.
Als nun die Leute, welche zum Zwecke der Erwerbung
und Verwertung der Patente Geld vorgeschossen hatten,
ersahen, daß der erhoffte Gewinn ausblieb, wollten sie ihre
Vorschüsse sichern, und während der Zeit, als Michael
Thonet sich in Wien aufhielt, um das österreichische Pri
vilegium zu verwerten, wurde durch Drängen der Gläubiger
seine Gattin Anna Thonet in Boppard überredet, sich für.
die Sicherstellung dieser Gelder solidarisch zu verbürgen,
obgleich doch vertragsmäßig bestimmt war, daß die Rück
zahlung nur aus dem Erlöse der Patente erfolgen sollte.
Nun begannen diese Gläubiger Beschlag auf das Eigentum
des Michael Thonet und seiner Frau zu legen, andere
Gläubiger schlossen sich an, und es kam so weit, daß alles
den Eheleuten Thonet in Boppard gehörige Eigentum ver
kauft wurde, da sie keine sonstige Sicherstellung zu leisten
vermochten. Eine Partie Möbel, welche durch die Fürsprache
des Fürsten Metternich bestellt waren, wurden in Boppard
angefertigt, wo in Michael Thonets Abwesenheit dessen
ältester Sohn Franz Thonet das Geschäft weiterführte.
Diese Möbelsendung wurde in Frankfurt a. M. auf dem Trans
porte nach Wien von den Gläubigern mit Beschlag belegt
und konnte deshalb nicht dem Wiener Hofe abgeliefert werden.
Die Gläubiger wollten die Waren nur dann herausgeben,
wenn sie voll bezahlt würden. Und so mußte der Kaiser
warten, bis Thonet seine Familie nach Wien holte und mit
Hilfe seiner Söhne die kaiserliche Bestellung in Wien aus
führte.
Zusammenarbeiten mit Wiener
Möbel- und Parkettenfabrikanten.
Nachdem Existenz und Vermögen in Boppard verloren
waren, beschloß Michael Thonet in Wien zu bleiben und
sich da wieder ein Geschäft zu gründen. Zu diesem Zwecke
Einsichts
und rück
sichtslose
Gläubiger.