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Volltext: Alte und Moderne Kunst V (1960 / Heft 6 und 7)

 
an die schöpferische Arbeit als an das Resultat. Immer 
auf der Suche nach dem Absoluten. Es ist der einzige 
Weg, um zu Gott emporzusteigen, indem man es macht 
wie unser himmlischer Meister: gestaltenuf", schrieb 
er an Schuffenecker, und ein andermal den programma- 
tischen Satz: „Kunst ist Abstraktion!" 
Den Impressionisten warf er vor, daß sie im Rahmen des 
„Naturwahrscheinlichen" blieben, daß sie beim Auge 
suchten und daher in wissenschaftliche Begründung ver- 
fielen, statt im geheimnisvollen Seelengrund zu suchen. 
Die sogenannte verfeinerte Kunst (des Impressionismus) 
gehe aus den Sinnesempfindungen hervor und diene der 
Natur, während die primitive Kunst aus dem Geist her- 
vorgehe und die Natur benütze. Daher gebe es für ihn_ 
nur eine Rückkehr zum Prinzip, weiter zurück als zu 
den Pferden des Parthenon, bis zum Dada der Kindheit, 
dem guten Holzpferd. 
Auf der Suche nach dem Ursprünglichen in der Kunst 
kam Paul Gauguin zur Kenntnis der ägyptischen Ma- 
lerei, lernte Abbildungen indischer Fresken und Reliefs 
kennen, begeisterte sich an den japanischen Farbholz- 
schnitten und träumte von einer einfachen und wilden 
Landschaft mit primitiver Bevölkerung, unter der er „als 
Wilder unter Wilden" leben möchte. 
Eine erste Station zu diesem Ideal erlebte Gauguin in der 
Bretagne. Nachdem er sich von seiner Familie getrennt 
und einen Winter lang versucht hatte, sich und seinen 
ältesten Sohn in Paris - auch als Plakatkleber - durch- 
zubringen, kam er nach Pont Aven, einem kleinen 
Fischerdorf, das unter den Malern eine gewisse Berühmt- 
heit als billige Künstlerkolonie erlangt hatte. Hier fand 
er einen Kreis Gleichgestimmter und mit einem von 
ihnen, Pierre Lava], unternahm er 1887 einen noch wei- 
teren Vorstoß „zu den Wilden". Gauguin fuhr nach 
Panama, arbeitete einige Wochen am Kanalbau und fand 
schließlich auf La Martinique ein Restchen des Para- 
dieses, das cr sich erhofft hatte. Aber Krankheit und 
Geldnot zwangen ihn bald wieder nach Frankreich zu- 
rückzukehren. 
Die Eindrücke aus den Tropen mit ihren starken Far- 
ben, die harte Landschaft der Bretagne und ihre religiöse, 
primitive Bevölkerung, die Gespräche mit Kollegen, vor 
allem mit den Symbolisten, deren Wortführer der Schrift- 
steller Aurier und Emile Bernard waren, bestärkten 
Gauguin in seiner Auffassung und so entstanden Bilder 
wie etwa „Bonjour Monsieur Gauguin", in denen eine 
weitgehende Synthese von Inhalt und Form die Gedan- 
ken und Stimmungen durch Linien und Farben aus- 
drücken. Immer mehr komponierte er seine Bilder aus 
einer Summe von Einzeleindrüeken, betonte er Flächen 
und Konturen und erreichte so ein - für die damalige 
Vorstellung zumindest - Maximum an Abstraktion. Er 
suchte seine Vorstellung von der Malerei durchzusetzen, 
ihr Anerkennung zu verschaffen, und der menschlich 
so unglückselig endende Aufenthalt bei Vincent van 
Gogh in Arles war voll theoretischer Überlegungen und 
wechselseitiger Anregung. Die südfranzösischen Land- 
schaften Gauguins sind heller in den Farben und von 
einer ungewohnten Heftigkeit im Pinselduktus, während 
Vincent begann, aus dem Kopf zu malen. 
Größeren Einfluß aber hatte Gauguin bei den Nabis in 
der Bretagne und _ willentlich oder nicht - ist er das 
Haupt der „Schule von Pont Aven" geworden und nach 
seinem Diktat malte Maurice Denis das erste - wenn 
man so will - „abstrakte" Bild. Sein Suchen nach der 
„großen Einfachheit der Form" und der Magie der Farbe 
hat in diesen fruchtbaren jahren eine erste Erfüllung 
gefunden. Die großen Erfolge aber, die er sich erhoffte 
auch von einer Reihe von Druckgraphiken, in denen er 
seine Bildideen noch weiter vereinfacht hatte -, blieben 
zunächst aus. Immer wieder sprach er von den Tropen. 
wo er neue Eindrücke sammeln und außerdem billiger 
leben könnte. Er erlangte eine Empfehlung des Kultus- 
ministeriums an die tahitischen Behörden und ein be- 
achtlicher Versteigerungserfolg gab ihm die Mittel zur 
Fahrt in die Südsee. Die Hauptstadt Papetee mit ihrem 
europäisierten Hafengetriebe verließ Gauguin bald und 
siedelte sich unter den Eingeborenen an. Überwältigt von 
der starken Licht- und Farbenwelt der Südsee, begann 
er zögernd mit Studien, suchte die Geisteswelt der Ka- 
naken zu ergründen, beschäftigte sich mit ihrer Reli- 
gion - sein Buch „Noa Noa" gibt Zeugnis davon -, 
und schließlich malte er jene Bilder, die mit seinem 
Namen allgemein verbunden werden. Großflächig, stark- 
farbig. weitgehend auf die Binnenmodellierung verzieh- 
tend, sind diese Darstellungen des tahitischen Alltags 
mit sn viel hintergründigen Stimmungen auch in den 
kleineren Formaten monumentale Zeugnisse einer stren-
	        
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