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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 44)

GREGORIO GUGLIELMIS DECKENFRESKO VERNICHTET 
WILI 
ELM MRAZEK 
ZUM BRAND DES FESTSAALES DER ALTEN UNIVERSITÄT 
Am 8. Februar 1961 zerstörte ein Großfeuer, das gegen 
Mitternacht ausgebrochen war, den Festsaal der Aka- 
demie der Wissenschaften, der einstmals der Alten Uni- 
versitiit als Aula gedient hatte. Indirekte Ursache des 
Brandes war ein drei Tage vorher veranstalteter Fest- 
akt, für welchen der Saal geheizt werden mußte. Der 
schadhafte Abzug eines Kamines löste dann die Katastro- 
phe aus. 
Diese Aula war von dem Hofarehitekten Jean Nicolas 
Jadot als Zentrum des „Gchäus für alle vier Fakultäten" 
im Jahre 1753 geplant werden. Im Gegensatz zur kühlen 
Einfachheit des Gesamtbaues konzentrierte Jadot alle 
dekorative Praehtentfaltung auf diesen Saal. Für die 
Gliederung des Raumes, für die Pilaster, Risalite, Gebälk, 
Fries und Karnies, verwendete er die korinthische Ord- 
nung, hei der "alle Feinheit, Zierliehkeit und Pracht mit 
der edelsten Grazie" vereinigt war. Die Baroekzeit war 
der Überzeugung, daß diese Ordnung „Gott selbst dem 
Salomon offenbarte" und daß „die Griechen sie im 
Tempel zu Jerusalem entlehnt hätten". Jadot ließ alle 
1 Detail des Freskos, lieklösung mit reicher Arehitekturmalerei. 
2 Detail des Freskos mit der Darstellung der Philosophie. 
 
Architekturdetails in glänzendem rot und blaugrauem 
Stukkolustro ausführen und alle plastischen „Beyzier- 
den", Statuen und Stuckornamente, in weißer Farbe. 
Zusammen mit der reichen Vergoldung ergab sich so 
der Anblick eines prächtigen, farbigen Innenraumes, der 
durch ein vielfiguriges Fresko, das sich über den ganzen 
Plafond erstreckte, einen krönenden Abschluß nach oben 
fand, und so recht geeignet war, das gesteigerte Lebens- 
gefühl der Barockzeit zu repräsentieren. 
Am Zustandekommen dieses Kunstwerkes waren aber 
nicht nur die bildenden Künstler, Architekt, Maler und 
Bildhauer beteiligt, sondern hatte auch ein Literat, der 
Hofdichtcr Pietro Metastasio, mitgewirkt. Er war es, der 
für den Maler des Freskos das Konzept lieferte, das die 
Gesamtidee des Raumes enthielt und auch alle jene An- 
gaben für den Künstler, um diese zu realisieren. Pietro 
Metastztsio tat dies im Auftrage des Wiener Erzhisehofes 
Johann josef Graf Trautson, der als „Proteetor Univer- 
tatis" an der kurz vorher durchgeführten Reform des 
Hochschulstudiums größten Anteil hatte und daher die 
zuständige Instanz war. In einem Brief vom Februar 
1755 an den Wiener Erzbischof teilte Metastasio seine 
Gedanken mit und folgte damit einer Usanee der Ba- 
rockzeit, die schon immer Literaten als Konzeptgestalter 
herangezogen hatte. In diesem Brief bezog aber Metasta- 
sio einen Standpunkt, der völlig neu war und im Hinblick 
auf die barocke Konzeptgcstaltung eine Revolution be- 
deutete, Pietro Metastasio meinte nachdrücklich betonen 
zu müssen, daß der Künstler mit der Verwendung alle- 
gorischer Figuren höchst sparsam umgehen möge, da 
diese dem Betrachter zu viele unlösbare Rätsel aufgeben. 
Er folgte mit dieser Anweisung den reformerischen 
Ideen, die seit dem Sieg des Rationalismus um die jahr- 
hundertmitte auch in den maßgebenden Kreisen Wiens 
Eingang gefunden hatten. Zu dieser Gruppe von „Ratio- 
nalisten" gehörte auch der Wiener Erzbischof selbst, der 
dies mit seinem Hirtcnbrief vom Jahre 1753 bekundet 
hatte. Dieser Hirtenbrief richtete sich unter anderem 
auch gegen den allzuvertvegenen Gebrauch allegorischer 
Spielformen. Es bedurfte eines eigenen Kommentars hie- 
zu, um den Anspruch der Protestanten, der Erzbischof 
hätte sich dadurch als einer der ihren erwiesen, zu ent- 
kräften. 
Im weiteren Verlauf des Briefes führte Metastasio auch 
die beiden flauptvorwürfe an, in die sich die Gesamt- 
idee aufgliedern sollte. Der eine war den Wissenschaften 
gewidmet, die in diesem Hause gepflegt werden sollten, 
der andere sollte verständlich machen, woher die „se- 
gensreiehen Einflüsse kommen, die dein Wissenschaften 
Glanz und Förderung angedeihen lassen". Der Künstler 
müsse daher an den vier Seiten des Saales die vier 
Hauptdisziplinen, die Fakultäten, so anordnen, daß das 
Ziel, Wesen und die Leistung jeder Fakultät zu erkennen 
ist und dies auch noch durch eine lateinische Devise 
bekräftigen. In der Mitte des Plafonds, im freien Him- 
melsraum, soll jedoch ein Medaillon mit dem Doppel- 
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