findet.
Damit erweist sich, daß Cranach seinen urwüch-
sigen, derb-realistischen, der Natur verbunde-
nen Stil der Wiener Jahre, der ihn zum Haupt
der iungen Donaumalerei, zum „Vater der Do-
nauschule", machte, auch nach seinem Weg-
gang von Wien beibehielt.
1504 ist Cranach vom sächsischen Kurfürsten
Friedrich dem Weisen nach Wittenberg berufen
worden. Fast fünf Jahrzehnte hat er von da an
in kurfürstlich-sächsischen Diensten gestanden,
und über seinen Tod hinaus ist dank des Rie-
senunternehmens seiner Werkstatt sein Stil in
dem sächsischen Gebiet der herrschende ge-
blieben.
Während aber vor allem nach 1510 in den
Werken seiner Malerei eine Beruhigung in den
Kompositionen immer deutlicher wird, Renaissan-
ceelemente immer stärker hervortreten und
Cranach schließlich seinen Stil zu einem höfi-
schen Monierismus wandelt, bleiben seine Gra-
phiken - mit Ausnahme von Kompositionen, die
im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Hofe
stehen, wie etwa der Holzschnitt Friedrichs des
Weisen im Gebet vor Maria und dem Kind -
weiterhin reich an Bewegung und Dynamik, ent-
wickelt er das Geschehen immer wieder aus der
Natur.
Holzschnitte wie die Hirschiagd (Abb. 4), die
Versuchung des heiligen Antonius (Abb. 5] oder
der heilige Christophorus (Abb. 6) zeigen neben
dem für Cranach charakteristischen dynamischen
Bewegungsmotiv, daß er die Schöpfung nicht
so sehr vom Menschen, als vielmehr vom Wald,
vom Baum, von der Pflanze aus erlebt hat. lst
Cranachs Versuchung des heiligen Antonius, wie
bereits erwähnt, in stärkstem Maße von Martin
Christophorus die immer noch wirksame starke
Gebundenheit an Dürers Holzschnittwerk. Die
Komposition der Figur ist ebenso wie die Art der
Landschaftsdarstellung in unmittelbarer Abhän-
gigkeit von Dürers Simson-Holzschnitt von 1496!
1497. Darüber hinaus aber wiederholt die kraft-
volle, dynamische Gestalt des Heiligen im Vor-
dergrund auch Bewegungsmotive des Simson-
Kampfes, wie das diagonal in den Vordergrund
gestemmte linke Bein, dessen Nacktheit die An-
gespanntheit der Muskeln deutlich werden lößt,
oder die in den Boden verkrampfte Hand, die
bei Dürer im gewaltsamen Öffnen des Löwen-
moules vorgebildet ist. Ebenso scheint das bär-
tige, von mächtigen Lacken umgebene Haupt
des Heiligen fast wörtlich von Dürer übernom-
men zu sein. Die Landschaft mit dem überragend
großen Baume links, der durch die Felsland-
schaft im rechten Bildteil sein Gleichgewicht
erhält, und der in der Art einer „heimischen
Weltlandschaft" weit in den Hintergrund sich
ziehenden Bildmitte zeigt besonders klar, wie
stark Cranach in seinem Holzschnittwerk an die
ihn seit seiner Jugend als Vorbild begleitenden
Bildideen gebunden bleibt, und daß hier durch
das Weggehen aus dem romantischen Donau-
schulkreis an den sächsischen Hof keinerlei Ver-
änderung eintrat.
Fast scheint es im übrigen, als begleite Dürers
Simson-Holzschnitt Cranach als eine Art Omen.
Setzt er ihn doch auch 1509, als er durch einen
höfischen Auftrag zur unmittelbar illustrativen
Darstellung des von Friedrich dem Weisen ver-
anstalteten Turniers und damit zum Verlassen
seiner romantisch-volkstümlichen Kunst gezwun-
gen war, als Bildteppich in die Mitte seiner
Komposition (Abb. 8), und auch 1524, als er für
Antonius. FIOIZSCHTH", lVlOHOgTUmm K.
150; sächsische Wappen. 40,1 x 27,1 cm.
tina (lnv.-Nr. 1929185; A).
Lit.: Bortsch, Vll, 56; Dod son, Catalogue ll, 4; H
German Engravings ol. Vt, s. 52, Nr. 76, K
Zeitalter Albrecht Dürers, Albertina, Wien 1964,
Nr, 230.
6 Lucas Cranach d. Ä., Der heilige Christa;
Clair - obscur - Holzschnitt, lnitialen r
ftügelter Schlange und 1506 auf Täfi
sächsische Wappen. 28,2 x 20,1 cm. AI
(lnv.-Nr. 19291107, HBI.
Lit.: Bartsch, Vll, 5B; Dodgsan, Catalague ll, 61; H
German Engravings..., Vol. v1, s. 5a, m. 79, K
Zeitägpr Albrecht Dürers, Albertina, Wien 1964,
Nr. .
7 Lucas Cranach d. A, Das Urteil des Paris
schnitt; Initialen LC und 1508; sächsische
pen. 37 x 25,5 cm. Albertina (lnv.-Nr. 19
A).
Paris, geweckt von Merkur mit den drei Grazien
Landschaft.
l.it.: Bartsoh, Vll, 114; Dodgson, Catalague ll, lt
Stein, Germcln Engravings..., Vol. v1, s. au, t-
Kat. Das Zeitalter Albrecht Dürers, Albertina, Wiß
S. 75, Nr. 232.