MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 134)

Franz Windisch-Graetz 
Barocke Möbel 
aus dem Stift 
Kremsmünster 
Es hat sich gelohnt, im Rahmen der Kunsttopo- 
graphie des Stiftes Kremsmünster den Möbeln 
mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als das in 
den vorangegangenen Bänden dieser monumen- 
talen Publikation geschehen ist. Die Sichtung 
der Mobilien, die im Laufe der Zeit dem Stifte 
zugewachsen sind, hat ein Ergebnis erbracht, 
das eine eingehende Bestandsaufnahme vollauf 
rechtfertigt Die Skala der Zweckbestimmung und 
des entsprechenden materiellen Aufwandes, der 
künstlerischen Form und der handwerklichen 
Fertigung reicht von Reprösentationsstücken bis 
zum ansprechenden und solide gearbeiteten Ge- 
brauchsmöbel. Gerade in dieser zahlenmäßig 
größten Gruppe gibt es Beispiele, die dem land- 
ldufigen Bild, das man sich üblicherweise vom 
österreichischen Barockmöbel macht, weitere, 
durchaus als neuartig zu bezeichnende Züge 
hinzufügen. Neuartig deshalb, weil die allge- 
mein herrschende Vorstellung sich nur auf einige 
wenige Typen beschränkt und man für deren 
Gestaltung bloß ein ziemlich enges Schema 
kennt. Die Wirklichkeit war jedoch eine ganz 
andere. Sie war so vielfältig und so wenig uni- 
farm wie die Menschen und ihre verschiedenen 
Lebensumstönde, aus deren Gegebenheiten die 
Möbel entstanden, denen sie angepaßt waren 
und denen sie dienten. Der Gewinn, den die 
Durchsicht der Kremsmünsterer Bestände für die 
Möbelgeschichte erbrachte, besteht also in der 
beträchtlichen Erweiterung unseres Wissens über 
die Möglichkeiten und Arten der Möblierung und 
Einrichtung hierzulande, enger genommen im 
oberösterreichischen Kulturraum. 
Für ein Land, dessen zusammenfassende Dar- 
stellung seiner Möbelgeschichte noch aussteht, 
bedeutet die topographische Registrierung des 
Vorhandenen die unerlüßliche Materialbeschaf- 
fung, die wiederum die Voraussetzung und 
Grundlage bildet, um die stilistische Eigenart der 
in diesem Lande entwickelten Möbelkunst zu 
erkennen und im Vergleich mit den anderen 
Ländern richtig beurteilen zu können. In diesem 
Sinne erweist sich die Durchsicht des Kremsmün- 
sterer Inventars als ein so gewinnbringender 
Beitrag, wie er kaum iemals von einer Topo- 
graphie erbracht wurde. 
Man darf aber nicht in den Fehler verfallen, zu 
erwarten, hie: werde sich nun endlich und viel- 
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leicht sogar mühelos die Relation zwischen Ob- 
iekt und archivalischem Beleg herstellen lassen, 
hier werde in den meisten Fällen über die Person 
des Herstellers und über die Entstehungszeit 
eindeutige Auskunft zu erhalten sein. Eine solche 
Einstellung hieße die Möglichkeiten überfor- 
dern. Die Realität sieht anders aus. Wenn sich 
dann und wann präzisere lnfarmationen ein- 
stellen, so bilden sie stets nur vereinzelte Aus- 
nahmen, sind die seltenen Sternstunden im Ver- 
lauf der Arbeit, die dann dem Eifer des Nach- 
farschens neuen Antrieb geben. Diesen benötigt 
man zumal in Kremsmünster. Denn anders als 
z. B. im Stift St. Florian, wo eine ähnliche Auf- 
gabe zu leisten war' und wo wenigstens für 
die großen Aufträge, wie die Einrichtung der 
beiden Sakristeien, des Winterchors, des Som- 
merrefektoriums, der Bibliothek und sogar für 
manches besonders hervorstechende und signi- 
fikante Möbelstück, die betreffenden „Auszügl", 
die Abrechnungsbelege, des Tischlers und Bild- 
hauers erhalten geblieben sind, lößt das Krems- 
münsterer Archiv selbst in diesen Belangen man- 
che Frage offen. Nur über die Anfertigung der 
zwanzigtürigen Reihe von Paramentenschrönken 
aus den Jahren 1618119 und über die Ausstat- 
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tung der Bibliothek mit Bücherkösten und Ti 
- eine Arbeit, die von 1707 bis 1708 erfol 
sind wir durch vorhandene Archivalien etwr 
nauer, aber bezüglich der Paromentensch 
auch nicht zu vollster Zufriedenheit unte 
tetl. Hinsichtlich der riesigen Schatzkar 
schränke, die neben der Bibliothek das l 
vollste Tischlerwerk im Stift darstellen, w 
bezüglich des Chorgestühls auf der Org 
pore und betreffs der Sakristeieinrichtung g 
die Archivalien auf die Frage nach den 
stern und der Entstehungszeit keine bef 
gende Antwort. Ein kleiner Trost mag dar 
finden sein, daß vielleicht dach in dem 
oder anderen Einzelfall die Kammereirec 
gen einen Hinweis zu enthalten scheinen 
sich mit aller gebührenden Vorsicht zu i 
bestimmten Möbel in Beziehung bringen 
Wir werden im folgenden darauf zu spn 
kommen. 
Zur Erstellung einer Chronologie des möL 
schichtlichen Stilablaufs in Österreich d 
neben den archivalischen Angaben auch e 
datierte Möbel, die als orientierende Vergl 
beispiele und Zeitmarken eine wichtige 
tion erfüllen. 
 
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