Für den Kunstsammler
Wollruud Neuwirlh
Wiener Porzellan - echt oder gefälscht?
Als die Wiener Porzellanmanufaktur im Jahre 1864
noch fast 150iährigem Bestehen geschlossen wurde,
hatte die Fabriksmarke, der Bindenschild,
Weltruf erlangt und besaß einen entsprechenden
Handelswert. Es war daher nicht verwunderlich,
daß die Porzellanindustrie des 19. Jahrhunderts
auf ihn zurückgriff, um ihre eigenen Produkte für
den Absatz attraktiver zu machen.
So wurde vor allem der blaue Bindenschild -
seltener der eingepreßte e entweder bedenkenlos
gefälscht, oder man fügte ihn der eigentlichen
Firmenmarke hinzu, um auf Qualität und Stil
„im Genre Alt-Wien" zu verweisen.
Obwohl auch Fälschungen figuralen Wiener
Porzellans bekannt wurden, dominierten iene der
Wiener Porzellanmalerei um 1800, als die
Manufaktur unter der Direktion Sorgenthals zur
absoluten europäischen Spitze zählte. Reliefgotd
und Kobaltblau dieser Zeit wurden im späten
19. Jahrhundert mehr oder weniger gut imitiert,
und besonders beliebt waren großflächige
Malereien auf Porzellan, sei es nun auf Schüsseln,
Platten (Abb. 2, 3) oder Tellern (Abb. 1, 6). Aber
auch Vasen und Uhren trugen diese Malereien im
„Altwiener Stil" (40, b], und man empfand es als
besonders dekorativ, bemalte Porzellanmedaillons
in Tischplatten einzulassen (Abb. 5).
Das weiße Porzellan, das die Parzellanmaler für
ihre Arbeit benötigten, bezogen sie von den
verschiedensten Fabriken, die als besonderen
Kundendienst und auf speziellen Wunsch manchmal
sogar den unterglasurblauen Bindenschild
„mitlieferten" und damit an der Fälschung mit-
schuldig wurden. Die Industrie der Porzellanmalerei
entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einem
eigenen und sehr umfangreichen keramischen
Zweig, Bisher konnten für die Hauptgebiete der
Porzellanmalerei - Frankreich, Deutschland und
UsterreichrUngarn - etwa 1500 Porzellanmaler bzw.
Ateliers für Porzellanmalerei ausgeforscht werden.
lhre Arbeiten hatten stilistisch und ikonographisch
manchmal kaum mehr eine Ähnlichkeit mit dem
Wiener Porzellan um 1800. Um so mehr verwirrt
der Bindenschild, den sie häufig tragen, wenn
dazu beispielsweise noch die Berliner Szeptermarke
und die Signatur eines Dresdener Malers kommen.
52
Teller mit den drei Parzen, unter lasurblquer Binden-
schild, 0 24 cm, verkauft bei sbt eby's Belgravia am
14. a. 1974, Nr. es, um x so,-
Parzellanplatte mit reiiette der Venus, sign. R. Ullmann
(Reinhald Ullmann, lllS Parzellanmaler in Gablonz Um
11294 nachweisbar), blauer Bindenschild, 313151 Cm,
verkauft bei sdtiiebys Belgravia 0m 20. ts. 1974, Nr. 37a
Porzellanplatte mit Gemäldekapie, sign. 1-1. Stadler
(Hans stddter, als Porzellanmaler in Wien um was-nass
nachweisbar), Berliner Szeptermarke, eingepreßt KPM,
26 t ääzcm, verkauft bei Sotheby's Belgravia, 17. 4. 1975,
Nr.
et Zwei Vasen, sign. A. seidi, blauer Bindcnschild,
H 30,5 (m, verkauft bei Sotheby's Belgravia am 17. 1.
1974, Nr. 10a, Um t; 250.-
5 Tischplatte mit Medaillons aus bemaltem Porzellan (D -
4 b] Uhr, sign. A. Heer, blauer Bindenschild, H 34,5 cm,
verkauft bei Sotheby's Belgravia am 17. 1. 1974, um
S 54!)-
(hess er Devonshire), sign. Seler, untcrglasurblauer Bin-
denschild, H 74 cm, verkauft bei Sotheby's Belgravicl am
e. 1. 1975, Nr. 14a, um t: 820.-
retter mit rreirenbbrtret, bez. F a M (zFischer a Miegl,
Ptrkenharnmer nennterte der gekreuzten Hammer),
bez Wahliss, Wien, sign. Wagner, Wien (Franz Wag-
ner, U15 Porzellanmaler in Wien van 12194 bis 190a rtathr
weisbar], o 24 eni, verkauft bei Sotheby's Belgravia am
14. s. 1974, Nr. es, um a: 220.-