tinuismus verwendet. Die Moirewirkung und das
schimmernde Tiefenlicht der Maserung ent-
wickeln sich nur bei glänzender Politur, die da-
mals häufig war, und Im soeben erwähnten Grafen-
egger Raum bei dessen teilweisen Wiederherstel-
lung - die erfreullcherwelse die in Grafenegg
häufig gewesene gemalte Ornamentpatronierung
der Wände einschloß - vor einigen Jahren durch
den Kunsttischier Johann Lakner durchgeführt
wurde.
Als Ganzes zeigt der Ahnensaal, wie schon bei Be
sprechung seines Plafonds auch bemerkt, im Ver-
gleich zum Großen Salon weniger düstere großfor-
mige Dramatik, sondern mehr Abwechslung in
Form und Farbe und eine Vielteiligkeit, aber klar
rhythmisiert und zu Höhepunkten hin gesteigert in
der Komposition. Durch Verwendung von Bändern
aus Diamantquadern (Kamin) und von punktuell
vergoldeten Eierstäben und Zahnschnitten wer-
den die vielfältigen Reize des Raumes noch durch
eine flimmernde Wirkung bereichert. Auch dieser
Raum wird etwa 1870 entstanden sein. Es sei noch
erwähnt, daß die beiden metallenen Lampadaire
Träger (Geharnischte) auf den Treppenbalustra-
denpfeilern, links auf Abb. 3 sichtbar, jetzt auf
Treppenpfeiler des Vorraums vorn Grafenegger
Rittersaal gesetzt wurden.
Der Vorraum im Palais Breunner (Abb. 4) hat allge
mein wieder in der unendlich phantastischen In-
tensität vielfach ineinander verbundener Detail-
formen eine Stimmung, welche den andern be-
sprochenen Palaisraumen und generell denen in
Grafenegg entspricht. Beim Türfronton findet sich
Knorpelwerk, wie im Großen Salon, dessen unend-
liche Vielfalt dichtester formaler Bezüge bizarren
Selbstgenuß ausdrückt, der dämonisch ist, jen-
seits des "Menschlichenu - Erlesenheit im Bizar-
ren. Von den Deckenfilllungen gilt bei romanti-
scher, also legitimer, Sicht dasselbe. Der Kamin
des Vorraums delegiert die Herstellung tektonisch
wirkender Symbolik weitgehend an Skulptur, beim
Aufsatz fast ganz an ornamentale, die schwung-
voll gelöst wirkt. Dies sind Züge des Spätkonti-
nuismus, welche der Verfasser 1976 zuerst nach-
wies, und zwar am Wiener Wohnbau-W. Der Kamin
dürfte kurz vor 1880 entstanden sein, dieses Auf-
satzes wegen. lrgendwelche Bezüge zu Hugo oder
gar Leopold Ernsts Stil kann der Verfasser an ihm
nicht finden, wohl aber Parallelen zum Stil des er-
wähnten Franz Schönthaler (was den Kaminauf-
satz angeht) bei seinen Treppenhausstukkaturen
in Wien l, Goethegasse 3 (Baukonsens 1862), ob-
wohl diese Stukkaturen noch dem reifen Konti-
nuismus angehören".
Der Bauherr Grafeneggs und der Singerstraßen-
räume, Graf August Ferdinand Breunner-
Enkevoirth, schuf in den Palaisräumen eigentlich
ein Milieu, in welchem er, mitten in der Metropole,
einen Anruf seines Grafenegg empfand. Er war
nicht mehr in der Metropole. Er war in sich selbst.
Eck angeordnet; von dieser Anordnung war
lesprechung des Großen Salons die Rede, wo
iiCh auch findet. Der Kaminautsatz zeigt eine
z verräumlichte Aedikula. Eine solche Spiegel-
kula. wobei auch wieder der Splegelrahrnen
stark plastischem Ornamentband besteht und
I das Weitgeschwungene und Verräumlichte
e korinthische Säulen mit oben kannelierten,
n ornamentierten Schalten vorhanden sind,
ils Rahmung einer Diwannische das schon er-
nte Herrenzimmer Löwelstraße 22, 2. Stock,
iutlich im Frühjahr 1874 vollendet und Karl
golph Kayser zugeschrieben". In der Lowel-
Se ist das Fronton aber vielleicht gesprengt
hat im Scheitel eine monumentale ornamen-
e Bekrönung.
:iguratlon der Flustlkaschnitzerei des Kamin-
aufsatzes im Ahnensaal spreizt sich pathetisch
facherförmig in großer Dramatik. Zur Spreizung
steht die feierliche Starre des rechtwinkligen
Autsatz-Konturs in Kontrast. Aus diesem Kontrast
entsteht Einheit - solche Kontrastharmonle wur-
de ja bereits im Gesamteindruck des Großen Sa-
Ions nachgewiesen.
Die tiefsten Füilungsflächen der Ahnensaalboise-
rie bestehen aus honigfarbenem Holz mit schim-
mernder, wie Moireseide wirkender reicher Mase
rung. Die tektonisch wirkenden Täfelungsteile
sind wirkungsvoll durch dunklere Färbung gerüst-
haft kontrastiert. Ein derartiges goldig gelbes
Holz mit Moire-Maserung zeigt auch die Tafelung
des Schrelbzimmers des Grafen in Grafenegg
(Beletage, südwestlicher Eckrau m); es wurde auch
bei noch erhaltenen Grafenegger Möbeln des K0n-.
Anmerkungen 41-49
" Eisenberg Ludw. u. Richard Groner. Das geistige wien. Jahrgang
1890. Wien 1890. Bug. 244-245
" Eggen. zit. Anm. io. Bildarläuterungen. passim; cl. ldem. Die Wie-
ner Ringstraße. wien (m1). pag 14, 2a. a2. 51. ss (e Wiener Ge-
schichtsbücher)
" Falke. Jacob v.. Die Kunst im Hause. s. Auil. Wien lsßa. pag. 222
" zil, Anm.43. pag. 239
ß Zit. Anm. 43. 95g. 201. ähnlich 99g. 284
" über das Konslantinshcgenmotiv bei Semper cl. Eggen Klaus,
Gottfried sarriaar, Carl v. Hasenauer. Wiesbaden 191a. pag.
1737174 (I Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche. Träger Fritz
Thyssen Stiftung. au. Vllll2l Zusammengebunden mit einem Text.
dessen Urheberin Plannar-Stainerdem Verfasser unbekannt ist. ZU
diesem Text hat seine Abhandlung uber Semper und Hasenauer
keinerlei Beziehung
" Zit. Anm. 14. 16 (dort Vincenii) u. Anm. 15
" Zit. Anm. 13. besonders pag. 435, 436
"' Palais Goethegasse 3: vgl. Eggert. zlt. Anm. 13. peg. 250-257
F1 Anschrift des Autors:
Dr. Klaus Eggen
2092 Riegersburg Nr. 1 INÖ
19