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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 164)

Tassilo M. Blittersdorff 
Sir Thomas Lawrence 
in Wien 
Sir Thomas Lawrence, der dem Kongreß von Aix- 
la-Chapelle (Aachen, 1. Oktober bis 14. November 
1818) beiwohnte, reiste nach dessen Beendigung 
sofort nach Wien weiteri. Wahrscheinlich traf er 
Ende November dort ein. Am 3. Mai 1819 fuhr er 
von Wien nach Romz. Demnach dauerte sein Auf- 
enthalt in Wien in samt etwa sechs Monate. 
Außer seinem offiziellen Auftrag für den damali- 
gen britischen Regenten Georg (später König 
 
Sketch of Comte Libromiski's (Lubomirski) Child. 
Drawings: Princess Rosamoffsky (Konstantine 
Fürstin Rasumoffsky geb. Gräfin Thurheim); Gom- 
tesse Thurskeim (Gräfin Ludovika Thürheim); Ma- 
dame Sauran (wahrscheinlich Gräfin Gabriele 
Saurau geb. Gräfin Hunyady); Lady S. Meade; Prin- 
cess Llchnowsky (Prinzessin Eleonore L., geb. 
Gräfin Zichy); Mademoiselle Fiici (Ricci); Comtes- 
se Murveldt's (Merveldt) Son; Comtesse Rosalie 
(Gräfin Rosalie Rzewuska geb. Gräfin Lubo 
mirska); Comtesse Vincent Estehazy (Gräfin Ma- 
rie Sophie E., geb. Prinzessin Liechtenstein); 
Mr. Khammer, the known oriental scholarUoseph 
Freiherr von Hammer-Purgstall); Comte V. Ester- 
hazy (Graf Vincenz Esterhazy-Galantha); Prince 
Schwartzenburghmu 
Garlickt führt drei weitere, in Wien entstandene 
endlichen Sorgfalt. Man kann nicht dasselbe von 
der Zeichnung der Körper und Arme sagen... Law- 
rence besitzt außer seinem Talent auch alle Eigen- 
schaften eines Mannes von Weit. Er lieh mir ein 
ganz reizendes und sehr ähnliches Porträt von Ca- 
po d'lstria, das ich ihn hatte malen gesehen und 
das ich unter seinen Augen kopiere..." 
Die Bewunderung der Farbgebung und der Leben- 
digkeit der Porträts von Lawrence ist typisch für 
den Geschmack dieser Zeit und bewirkt die große 
Rezeption seines Porträtstils in der Wiener 
Kunstszene nach 1819. 
Die Kopie Lulu Thürheims nach dem Porträt des 
Grafen Capo d'lstria hat sich nicht erhalten, dafür 
gibt es eine Zeichnungs von ihrer Hand, die Sir 
Thomas Lawrence vor seinem Zeichenblock sit- 
zend darstellt (Abb. 1). Das Blatt ist an seiner Un- 
 
 
Gräfin Lulu Thürheim (Schloß Orbeck bei TirlernonU 
Belg. 1788- 1864 Wien) Porträt Th. Lawrence, 1819. 
Bleistift und Tuschleder. Kunsthisturisches Museum, 
Kunstgewerbeabieilung, Wien, ehem. Sammlung 
Figdor, Wien 
Rückseite des Porträts von Th. Lawrence vun Lulu von 
Thürheim (Abb. 1) Olpaiette mit Farbangaben, Bleistift 
Thomas Lawrence (Bristol 17_69- 1830 London). Erzher- 
zogin Maria Therasia, 1819. OlILeinwand, 63x 79,5 cm. 
Sekundärgalerie des Kunsthistorischen Museums, 
Staliburg, Wien 
Moritz Michael Daffinger (Wien 1790- 1849) - (unter 
direkter Einwirkung von Th. Lawrence), Porträt der Erz- 
herzogin Maria Theresia, späterer Königin von Sizilien, 
1819. OllLeinwand, 62x 76 cm. (In der 625. Kunst- 
auktion des Dorotheums Wien, September 1979) 
Georg lV.), die bei den Ereignissen 1813- 15 betei- 
ligten europäischen Staatsmänner für den Water- 
loosaal des Schlosses Windsor zu porträtieren, 
malte er in Wlen zahlreiche Mitglieder der interna- 
tionalen Aristokratie. 
Er selbst zahlte folgende in Wien ausgeführte Por- 
träts aufi: n. . . the number and names cf the sub- 
jects of my pencil. Large whole iengths, in oil: The 
Emperor; Prinz Schwartzenburg (Karl Philipp Prinz 
Schwarzenbergl; the Archduke Charles; the Arch- 
duchess (Erzherzogin Henriette, geb. Prinzessin 
Nassau); and a smail whole iength. 
Half lengths: Comte Capo D'lstria (Graf Josef 
C. d'l.); General Tchernicheff (Graf Alexander 
Tschernyschew); General Ovaroff (Graf Fedor 
Uwarow): besides greatiy altering, imprcving, and 
almost completing Prince Metternich. 
Three-quarters: Princess C. Metternich (Prinzes- 
sin Clementine M.); Child of the Archduke (Erzher- 
zogin Maria Theresla, spatere Königin beider Sizi- 
lien); Lord Stewart (Lord Charles St); Chevalier 
Gentz (Friedrich Freiherr v. Gentz), Mr. Bloomfield 
(John Bloomfleld, Esq.); Lady Selina Meade (verm. 
Gräfin Clam-Martinic); Child of Comte Fries; 
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Arbeiten an: 2 Porträts des Herzogs von Fleichs- 
stadt und eine Zeichnung der Prinzessin Clementi- 
ne Metternich. 
Lawrence wurde in der kurzen Zeit seines Wiener 
Aufenthalts ein begehrter Gesellschaftspcrtratist. 
Sein Verhältnis zur adeligen Gesellschaft Wiens 
beschreibt ein zeitgenössisches Dokument: Grä- 
fin Ludovika (Lulu) Thürheim erwähnt in ihren 
"Memoirenä folgendes über ihre Begegnung mit Sir 
Thomas Lawrence: n... Seine Farbengebung ist 
bewundernswert, Lawrence kann sich bezüglich 
seiner zauberhaften Kunst, auf der Leinwand Le- 
ben zu erwecken, an die Seite der größten Künst- 
ler stellen. Sein Talent, die Ähnlichkeit zu treffen 
ist unerreicht. Er gibt nicht allein die Ztlge seiner 
Modelle, sondern auch ihre Charaktere wieder, 
man möchte geradezu sagen, daß deren Seelen 
ihm ebenso zu Modell gestanden seien, wie ihre 
Körper. Die lebhafte Wiedergabe der Augen, die 
Wärme der Farben, der Zauber seiner Mitteltöne 
verleihen seinen Köpfen Leben, das ,CIair-obscur' 
und die Durchsichtigkeit seines Hintergrundes 
lassen sie fast aus der Leinwand heraustreten. Er 
arbeitet aber auch am Hintergrund mit einer un- 
terseite mit vSir Thomas Lawrence, Vienne 1819" 
bezeichnet. Seine Rückseite zeigt eine Palette mit 
15 Farben (Abb. 2) die mit englischen Namen ver- 
sehen sind. Schrift und Zeichnung stammen of- 
fensichtlich von Th. Lawrence selbst. 
Bei den Farben der Palette handelt es sich um Öl- 
farben, ihre Zusammenstellung entspricht der Art 
wie sie Th. Lawrence verwendete. Auffallend ist 
das Überwiegen warmer Töne der Rot-Gelb-Braun- 
Skala (10 von insgesamt 15 Farben). Von den kal- 
ten Farben kommen nur uUltramarine 8t Prussian 
Blueu vor, Grüntöne fehlen völlig. Drei Farben sind 
transparente Lasurlacke (Fled Lake, Madder Lake, 
Dark Lake). 
Die Farben sind auf einer Mischpalette in zwei 
Reihen nebeneinander gestellt. 
Diese bisher unbekannte Skizze gibt wichtige Auf- 
schlüsse über die Arbeitsweise Sir Thomas Law- 
rence's. Er hat sie aus didaktischen Gründen an- 
gefertigt, um jemandem seine Farbgebung zu er- 
klären. Die Adressatin dieser Unterweisung dürfte 
mit der Autorin der umseltigen Zeichnung, also 
mit Gräfin Lulu Thürheim, ident sein. Diese Bereit- 
willigkeit einer interessierten Diiettantin iLuiu Th.
	        
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