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175. MARIA MIT DEM JESUSKINDE
Wandgruppe aus Birnholz mit ausgehöhlter Rückseite;
in tadellosem Erhaltungszustände, mit fast unberührter
alter Bemalung und Vergoldung. Höhe 75 cm. — Wien,
Sammlung Kommerzialrat Franz Josef Honig.
Werkstatt des Blaubeurer Meisters, um 1510.
Jenseits der Stildivergenzen zwischen der Blaubeurer und der Kaisheimer
Madonna ddo. 1502—1504 sowie der noch nicht restlos geklärten
Gregor Erhart-Frage genügt zur vorläufigen Erhärtung des eben behaup
teten Zusammenhanges bereits die Übereinstimmung der Kopftypen, aus
der die Abhängigkeit des weit derberen Wiener Stückes von den Wer
ken dieses Kunstkreises hervorgehen dürfte (siehe auch die Teilauf
nahmen Voeges in den Monatsheften für Kunstwissenschaft, III [ 1909 ],
S. 1 I und S. 17). Individuell bezeichnend für die Wiener Gruppe die
scharf betonten Brechungen der Hand- und Fußgelenke sowie der auf
fallend tiefe Ansatz und die henkelartige Bildung des Ohres beim Jesus
knaben: lauter Merkmale, die bei einer Madonna aus Dellmensingen
(abgebildet bei J. Baum, Cicerone, III [ 191 11, S. 8) — überdies in Ver
bindung mit einer überraschend ähnlichen Zusammenordnung von
Mutter und Kind — so gleichlautend wiederkehren, daß fast der Ge
danke an ein und dieselbe Hand auftaucht. Die Gewandkomposition des
Wiener Marienmantels geht in letzter Linie vielleicht auf gewisse Motive
des Meisters E. S. (züm Beispiel L. 81) zurück.
176. KRÖNUNG MARIÄ
Ausgeschnittenes Hochrelief, die Rückseite ausgehöhlt.
Lindenholz, abgelaugt; mit geringen Resten einer neu
zeitlichen Bemalung. 148 X 116 cm. — Wien, Privatbesitz.
Fränkisch, um 1510.
Vielleicht das Mittelstück einer der sogenannten „Gedächtnistafeln“,
auf denen das gleichzeitige Nürnberg — man denke zum Beispiel an
Adam Kraffts steinernes Rebeck-Epitaph der Nürnberger Frauenkirche
oder das holzgeschnitzte Imhoff-Epitaph im Bayrischen Nationalmuseum
zu München — thematisch gleichartige Darstellungen anzubringen liebte:
für eine solche Verwendung spräche auch die einigermaßen an das zweit-