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welche entstehen, wenn die Masse nicht vollkommen verschmolzen und
geläutert ist.
Dagegen entwickelt die römische Fabrication einen grossen Formen
reichthum in den für den Gebrauch bestimmten Gefässen. Flaschen, von
der Cylinder- und der Kugelform in alle erdenklichen Abarten der Rundung
übergehend, mit eingebauchter Wandung oder eckig, gerippt, mit kamm
artigen Ansätzen, kurz- und langhalsig, mit ausgeschweifter oder als Rand
umgelegter Mündung, ohne oder mit Henkel (der mit Vorliebe aus mehreren
zusammengeschmolzenen Stäben, am unteren Ansatz in Lappen auslaufend,
gebildet wird), besitzt das Museum in grösserer Zahl aus der Campagna, ferner
aus Aquileja und aus Szöny in Ungarn. Ein Gefäss in Gestalt einer Taube
(375, Taf. II) stammt aus Gypern, ist aber vermuthlich römisches Fabricat,
da diese Form mehrfach auf Plätzen einstiger römischer Ansiedelung zum
Vorschein gekommen ist. Unser Exemplar unterscheidet sich von den
sonst bekanntgewordenen durch einen Henkel. Den Flaschen reihen sich
Becher an, welche gewöhnlich nach unten stark verjüngt sind, halbkugelige
und flachere Schalen, zum Theil mit angeschmolzenen Füssen u. a. m.
Auch erscheint bei diesen Getässen die Verzierung durch einen im Kreise
oder in Spiralen um den Körper oder den Hals geschmolzenen Glasfaden.
Viele zeichnen sich durch Dünnwandigkeit aus. Die meisten sind im
Zustande mehr oder minder vorgeschrittener Verwitterung, die ihnen oft
den prächtigsten Farbenschiller verliehen hat.
In welchem Umfange in der Kaiserzeit die gewöhnliche Glasbläserei
betrieben worden sein muss, lehren die Mittheilungen der Schrifsteller
über den allgemeinen Gebrauch und den geringen Preis der Trinkgefässe
u. s. w., und die Menge der Funde nicht allein auf dem Boden des alten
Rom, sondern fast überall, wo römische Legionen Standplätze gehabt
haben. In der That werden wir die meisten Gefässe, welche in leidlich
guter Erhaltung, vorzugsweise aus Gräbern, auf uns gekommen sind, als
gewöhnlichen Hausrath anzusehen haben. Dahin gehören u. a. die so
häufigen Thvänenfläschchen, welche in ihrer Gestalt allerdings an die
Thräne erinnern, in der That aber für Salben u. dgl. bestimmt gewesen
sind. Aber auch kostbarere Dinge müssen in erstaunlicher Menge gemacht
worden sein, das geht aus den zahllosen Bruchstücken hervor. Wie früher
erwähnt, waren die Römer in dieser Kunst die Erben der Aegypter, und
sie verwalteten das Erbe in der umsichtigsten und erfindsamsten Weise.