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Bergen weilen, keine Mauer hemmt seine Blicke, kein Zwang seine
Stimme. Mit den Thieifen lebt er; sie liebt er und die Erde, die sie
gezeugt. An einem Tage kam er ins Dorf; da fand er eine klagende
Giovanni Segantini, Ruhe
Mutter über den Leichnam der Tochter gebeugt. Und in den Trauer-
worten kehrt immer der Satz wieder: „Sie war so schön - und
ich habe nicht einmal ihr Bild." Dieses Erlebnis berichtet die
Schriftstellerin Neera nach einem Briefe Segantinis, und sie sagt,
hier sei der Anlass zu den ersten zeichnerischen Versuchen gelegen.
Es ist schön, an eine solche Ursache zu glauben, und man darf
sich nicht dadurch irre machen lassen, dass auch von Giotto ein
Gleiches mitgetheilt wird, denn es wiederholt sich das Spiel der
Natur mit jedem Tage.
Das aber wissen wir: einmal überraschten die Bauern, deren
Herden der Junge hüten sollte, den Wächter, als er mit Kohle ein
Conterfei seines Lieblingsthieres entwarf. Und dieses Bildnis sprach
so laute Worte zu den Älplern, dass sie den Schweinehirten nach
Mailand schickten, ihn das Malen lernen liessen. Aus seinen Höhen
muss er wieder in die Stadt.
Von dem Jünglingsalter Giovanni Segantinis wissen wir jedoch
noch eine zweite Episode. Sie steht im Widerspruche mit seiner
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