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sobald sich die Verhältnisse am Hofe geändert hatten. Nur dort, wo sie sich wirklich den
älteren Traditionen oder den allgemeineren Verhältnissen anpaßte, wurde sie auch für
die künftige Zeit fruchtbar. Für Prag selbst war die Richtung des Rudolfinischen Hofes
freilich auf längere Zeit hinaus entscheidend, aber auswärts konnte sie nicht Wurzel fassen.
Allerdings waren hierin auch die frühzeitig ausgebrochenen Unruhen und Kriege hinderlich.
Die Gegenstände, welche das Kunstgewerbe Rudolf und seiner Zeit zu verdanken
hatte, sind verschieden. Rudolf II. ist vor Allem ein eifriger Sammler, nach Karl IV.
Standuhr in Silber und Email (von Michael Sneeberger, 1606).
der zweite große Sammler ans dem böhmischen Throne. Doch andere Zeiten, andere
Bestrebungen. Die Reliquien der Heiligen beschäftigen längst nicht mehr den verweltlichten
Sinn; die Kunst vergangener Zeiten und die Natur mit ihren wunderlichsten Producten
und Gebilden sind jetzt die Quellen, aus denen die Sammler schöpfen. Kokosnüsse und
Straußeier, Nautiken, Muscheln, Korallen und Bernstein, eigenthümlich geformte Perlen
und anderes kostbares Material spielt jetzt die Hauptrolle auf dem Gebiete der Goldschmiede
kunst, der die Aufgabe zufüllt, die verschiedenen Gebilde entsprechend auszunützen, sie in ein
Ganzes zu vereinigen und mit einer entsprechenden Einfassung ans Edelsteinen zu versehen.
Böhmen. 29