Eine echte Sonnenstudie, mit viel I-Ialbschattenreiz, ist Krauß' Interieur aus Chioggia.
Wilda („Prinz und Bauernmädchen"), Schmid („Haydn-Konzert", für die Vervielfältigung)
sind zu erwähnen; auch Susanna Granitsch („Jeder trägt sein Kreuz") mit ihrer poetischen
Dämmermalerei. Ein Kabinettstück ist Isidor Kaufmanns „Betstube", mit einer jungen
Judenfrau aus dem Östlicheren. Den Kaiser hat sie an l-Iolbein erinnert, und daran ist etwas.
Kinzel, Heßl, Merode bilden eine Art Gruppe, die auch ihre Eigenschaften hat und Freunde
findet. Quittners großes Dreibild: „Die Reise" faßt eine lauschige Interieurszene voll
Koffer, Schachteln und Reisesachen zwischen zwei helle Landschaftsmotive, eine
schlesische mit Bahnzug und eine aus St. Cloud mit Teich. Das ist ein hübscher
malerischer Gegensatz, wobei das Mittelstück Recht behält. Ein Durcheinander von
farbigen Sachen ist da in eine schummerige Harmonie gebracht, wenn auch in der Luft-
perspektive nicht zur Ruhe gelangt; immerhin eine Probe wachsender Zwecke und Mittel.
Unter den Landschaftern haben sich 20H, Ameseder, v. Poosch, Tina Blau, Tomec,
Schaeffer, Suppantschitsch sehr gut eingestellt, Darnaut und Ruß bleiben etwas in der
Hinterhand. Pippich hat eine nachdrücklich gegebene Salesianer-Ansicht (übrigens auch
ein recht freiluftiges Genrebild: „Der Geächtete") und v. Pflügls „Inneres der Pianisten-
kirche" ist auch ein gesundes Stück.
Ziemlich reich ist die plastische Abteilung. Porträtbüsten jeden Geschmacks tauchen
auf; auf Ultranatur durchgearbeitet Scherpes Martinelli und Anzengruber (von ihm auch
der Gips eines großen Tizian für eine Außennische des Künstlerhauses), glatt heraus-
geschmeichelt Benks Marmore (am besten seine Tochter, zu zuckerbäckerlich zwei
Kinderchen), derb monumental die Bronzebiiste (Graf Wladimir Dzieduszycki) und
beachtenswert gesund eine zweite (Graf Krosinski) von Jan Nalborczyk in Zakopane, eine
tapfere Improvisation der Benndorf von l-lella Unger (die auch einen sehr bemerkens-
werten männlichen Akt sitzen hat), recht stilistisch gesehen eine Damenbüste von Roth-
berger, etwas tragisch gestimmt eine große Büste (Oberingenieur v. Lößl) von Melanie v.
I-Iorsetzky. Unter den Ausländern eine wirklich drastische Kolossalbüste (Engen Drippe)
von Hermann Joachim Pagels-Berlin, Eigentum der Nationalgalerie; vorzügliche Klein-
bronzen von Du Bois und ein mächtiger Kauerakt von Charpentier. Schwerdtner und
Leisek bringen Grabmäler mit guten Akttiguren, Jakob Gruber eine bronzene Porträttafel
mit Mozarts Mutter und Schwester, für St. Gilgen. Unter den Plakettisten steht Stephan
Schwanz voran. Seine Erinnerungstafel zur Kruppschen Silberhochzeit, von den Bern-
dorfer Arbeitern 1906 gestiftet, ist ein tretfliches Treibwerk in Kupfer, mit silbernem
Medaillon in der Form frei empirisierend. Seine sechs nach der Natur getriebenen Silber-
porträte (Marquis von Reverseaux, Sigmund Exner, Angeli, Herdtle, Frau Paula Dubs,
Otto Schwartz) zeigen meisterliche Beherrschung des Verfahrens. Von Schwartz auch
die neue Staatsmedaille für die Ausstellungen des Hauses, Auftrag des Ministeriums, in
Gold auszuführen; mit sehr gutem Kaiserporträt und auf dem Revers drei weibliche Figuren
in zeitgemäß freier Bildung und Gruppierung. Viel Fortschritt ist in Hujers Medaillentableau,
er strebt in die erste Reihe hervor. Von Scheffer sieht man die Koschat-Medaille. Der beste
Akt ist Zinslers liegende weibliche Figur. Und der junge Gomik hat eine in Bewegung und
breiter Fassung treffliche Tigergruppe, die dem Säulenhof als Mittelpunkt dient.
Die Malerei des Auslands ist reichlich vertreten; fast der ganze deutsche Saal und
der halbe erste Stock gehören den Düsseldorfern. Kritik hätte diesen Gästen gegenüber
wenig Zweck. Die besten Bilder sind die von Blanche (besonders ein weibliches Brust-
bild), Fjaestad (Schnee), Caro-Delvaille (Manicure), Sorolla y Bastida (Sonnenglut), Richir
(Kleine Amazone im Park), Gebhardt („Moses", mit zahlreichen Figuren, ein sehr
repräsentatives Stück), J. Sholto Douglas (weißes Automobil mit vier Personen), Alfred
East (japanische Landschaft), Dettmann und unter den Karlsruhem Dirks (Landungs-
brücke von turbulenter Kraft), Gossens („Vor dem Spiegel"), Fritzel (sonniger Herbsttag),
Dreydorff (lnterieur in Blau und Grün) und die Büsten von Buscher (Andreas Achenbach)
und Knubel (alte Frau).