Für den Kunstsammler P4
Blasius Fornach 1'
Im Patriarchenalter von 82 Jahren ist Kommerzial-
rat Blasius Fornach am 17. Dezember 1975 ge-
storben. Als Inhaber der Einzelfirma „Blasius
Fornach", die ihren Hauptbetrieb zuletzt in der
Weimarer Straße 76 und eine Betriebsstätte in der
Krugerstraße 1B hatte, gehörte er zu ienen Anti-
quitätenhändlern, die ihren Aufstieg bald nach dem
ersten Weltkrieg begonnen hatten. Fornach
arbeitete zunächst als Prokurist im Auktianshaus
Leo Schidlof und wurde am Mai 1925 dessen
Alleininhaber.
Im Laufe der Jahre fielen dem ungemein aktiven
und vitalen Antiquitätenhändler zahlreiche Funk-
tionen innerhalb seines Berufsverbandes zu. Dies
war vor allem nach 1945 der Fall, wo es ihm als
e_inem Vertreter der älteren und erfahreneren
Generation darauf ankam, den guten Ruf des
Wiener Antiquifätenhandels nicht nur zu verteidi-
gen, sondern auch zu erhalten. So war er von
1953 bis 1955 Obmann der Berufsgruppe
Antiquitäten, Bilder und Kunstgegenstände und
von 1955 bis 1961 Gremialvorsteher des Wiener
Landesgremiums. In diese Zeit fällt auch die
Erreichung der Liberalisierung für Antiquitäten und
Kunstgegenstände und die Erlangung der Zollfrei-
heit sowie einer eigenen Zolltarifklasse für
Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiqui-
täten. Für seine Verdienste innerhalb seiner
Berufsgruppe wurde er 1958 mit dem Berufstitel
„Kommerzialrat" ausgezeichnet, und anläßlich
seines 75. Geburtstages erhielt er von der Kammer
der gewerblichen Wirtschaft für Wien die große
silberne Ehrenmedaille.
Wer iemals Blasius Fornach näher begegnete,
mußte von seiner Persönlichkeit beeindruckt sein.
Seine Identifizierung mit den von ihm verkauften
Kunstgegenständen hätte dem Ethos iedes Wissen-
schafters zur Ehre gereicht. Blasius Fornach hatte ein
untrügliches Gespür für Antiquitäten im Sinne
iener Sammlergeneration, die für Wien in der
Gestalt eines Albert Figdor sich verkörpert hatte.
Die dieser Sammlergeneration eigenen Vorlieben
für besondere Gebiete des Kunstgewerbes fanden
auch Fornachs Zuneigung. Immer konnte man bei
ihm ein oder das andere hervorragende Sammler-
stück finden, aber nicht immer gleich von ihm
erwerben. Er hing mit allen Fasern an seinen
Kunstgegenständen und hatte hierzu eher das
Verhältnis eines Sammlers zu seinen liebgewordenen
Sammlungsstücken, als zu Verkaufsobiekten. Nur
wenn er beim Käufer mehr als das kommerzielle
Interesse spürte, war er geneigt, den Kunstgegen-
stand auch abzugeben. Oftmals mußte der Käufer
lange auf einen bestimmten Gegenstand warten
und werben, um ihn schließlich zu erhalten.
Zu den Museen, insbesondere zu dem Oster-
reichischen Museum für angewandte Kunst, das
ihn auch zu seinem Kansulenten ernannte, hatte er
ein durchaus freundschaftlich-respektierendes
Verhältnis. Nicht nur die Museumsmänner zog er
hin und wieder zu Rate, sondern oftmals wurde
gerade der iunge Kunsthistoriker von Fornachs
Wissen so überzeugt, daß er in ihm nicht mehr den
Kunsthändler, sondern den durch Erfahrungen
ausgezeichneten und an Kenntnis reichen Sammler-
freund sehen konnte. Blasius Farnachs Abgang van
der Wiener Kunstszene hinterläßt eine Lücke, die
nicht so bald wieder ausgefüllt werden wird.
Durdi seine Kenntnisse und Fähigkeiten sowie we-
gen seines aufrechten Charakters war er für viele
ein Zeuge für die besonderen Qualitäten des
Wiener Antiquitätenhändlers.
Wilhelm Mrazek
Ü
Gesehen im Kunsthandel
1 Jan Porcellis (Genf15B4-1632 bei Leiden)
UllHolz, 42 x 61 cm (Expertise Prof. J. Müller-
Hofstede), Friedrich Kratschmann - Antiquitäten,
Wien 1, Spiegelgasse 15
2 Abraham de Pope (Leiden, um 1620-1666)
Ein Gelehrter im Bogen eines Fensters
44
Holz, 36,5 x 29 cm. Voll bezeichnet.
Galerie St. LucasfPalais Pallavicini,
Wien 1, Jasefplatz 5
3 Hugo Darnaut (Dessau 1851-1937 Wien)
Sornrnerlandschaft, OllKarton, 34 x 48 cm, sign.
Galerie Krugerstraße, Wien 1, Krugerstr. 12
4 Pierre Franc Lamy (Clermont-Ferrand 1855-1919
Paris), Venedig, 1907
Galerie Alter Meister, Josef Winkler,
Wien 1, Seilergasse 14
5 Löwenwappen, Italien, 17. Jahrhundert
Weißer Marmor, H ca. 80 cm
Hofgalerie Dr. Wolfgang Hofstätter
Wien 1, Spiegelgasse 14
6 Rokokokommade, Venedig, Mitte 18. Jahrhundert
aus dem Massiven geschnitten, Blüten und
Rocaillen. Obstholz
Reinhold Hofstätter, Kunst und Kunstgewerbe,
Wien 1, Dorotheergosse 15 und Bräunerstr. 12
7 Sessel, Süddeutsch, 17. Jahrhundert
Nuß, massiv
Wolfgang A. Siedler, Skulpturen und Kleinkunst
Wien 1, Spiegelgasse 3
B Zwei figurale Salzfäßchen in Gestalten von
Bauer und Bäuerin. Holitsch, 2. Hälfte 18. Jh.
C. Bednarczyk, Kunst und Antiquitäten
Wien 1, Dorotheergasse 12
9 Truhe 1935. Entwurf und Ausführung
Federico Berzeviczy-Pallavicini
kunst des 20. iahrhunderts, galerie am graben
wien 1, graben 7, inge asenbaum ges.m.b.H.
I:
Auktionen
Doratheum Wien
610. Kunstauktion, 2-4. Dezember 1975
10 Peter Paul Rubens (Siegen 1577-1640 Antwerpen)
und Jan Breughel l (Brüssel 1568-1625)
Ceres in Sommerlandschaft, nach Gutachten von
H. Vass und L. Burchard etwa um 1613 bzw.
1614. OllHalz, 38 x 47,5 crn (Kot-Nr. 121)
Taxe: öS 140.000.
Erlös: öS 450.000.-
l1 Giacoma Manzü (Bergamo 1908 - lebt in Adea)
„Tanzschritt", 1955. Plastik, Bronze, eine von
zwei Abgüssen, H ca. 250 cm. Unikat.
(KaL-Nr. 1312)
Taxe. o5 400.000.-
Erlös: öS 900.000.-
Kunsthaus am Museum, Köln
Auktion 65; 15.-18. Oktober 1975
12 Wilhelm Leibl (Köln 1844-1900 Würzburg)
Studie eines am Fenster sitzenden Bauern.
Kohle, 54 x 38 cm bez. unten links „W. Leibl"
(Kot-Nr. 1856)
Taxe: DM 6500.-
13 Perlhuhn, stehend, über Blattpflanzen. H 28,5 cm
Meißen, Marcolini (1774-1814). Blaumarke:
Schwester, Stern (Kot-Nr. 731)
Taxe: DM 1500.-
Erlös: DM 2500.-
Kunsthaus Lempertz, Köln
547. Auktion, Alte Kunst; 20., 21., 22. November 1975
14 Große Deckelterrine auf Unterteller, Silber ge-
trieben, innen vergoldet. Augsburg, 1753-1755
Meistermarke Salomon Dreyer u. a.
(Kot-Nr. 1212)
Taxe; DM 45.000.-
549. Auktion, Moderne Kunst; 5. Dezember 1975
15 Max Ernst (BrühllKöln 1891 - lebt in Seillans)
„Le Lit d'Holapherne, 1961. OllKartanlHolz,
27 x 35 cm. Sin. unten rechts: Max Ernst, auf
der Rückseite dat. 1961 (Kot-Nr. 196)
Taxe: DM 180.000.-
Golerie Koller, Zürich
Auktion 34; 7._22. November 1975
16 Vogelkäfiguhr mit Automat. Luis XVL, Paris
Werk von H. L. Joquet-Droz. Orgelwerk mit
10 Pfeifen, Zugrepetition. H 50 cm, D 31 cm
(Kot-Nr. 3511)
Taxe: sfr 40.000.- n
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