auf dem Grabe Rudolf Alts ist gleichfalls der vom unmittelbaren Akt zu einer daraus
gewonnenen Abstraktion. Dabei machen sich noch die Kleinigkeiten geltend, namentlich
in der für obligat erachteten Belebung des Gewandes. Hätte er vorher die blühende
Archaik des ehernen Wagenlenkers im Museum zu Delphi gesehen, diese humanisierte
Architektur eines Gewandes, und die in ihrer Halbgebundenheit so reizenden Tempel-
mädchen auf der Akropolis, so wären ihm solche Figuren schon anders ausgefallen. Erst
nach seinem prächtigen Karl Borromäus-Brunnen kam er an jene klassischen Stätten.
Auch diesem lebensvollen Werke haftet ja noch eine Eklektik an in der tastenden Stilwahl.
Es hat freilich seine Glanzseiten, wozu namentlich seine lebensprühende Tierwelt gehört.
Die griechische Reise wird gewiß seine bevorstehende Plastik glücklich beeinflussen.
Namentlich auch ist im heiligen Bezirk zu Delphi so viel Anregung zu holen, über Placierung
und Gruppierung von plastischen Werken, Geltendmachung unter bedrängten Verhält-
nissen, auch über Sockelbildung, Inschrihen, überhaupt die ganze monumentale „Auf-
rnachung". Unsere heutige Schablone, wo jedes Denkmal auf dem Präsentierteller
serviert wird oder wie ein Tafelaufsatz auf der weiten Tischplatte steht, muß durch solche
Erfahrungen schlechterdings erschüttert werden. Der Künstler will auch sobald als möglich
wieder hinunter nachl-Iellas und sich in den neuen Eindrücken verfestigen. Man darf gespannt
sein auf das Ergebnis. Hat doch das urwüchsige Wiener Kind, dessen erste aufsehen-
erregende Bilder den lokalsten Lebensformen galten, in Paris, Spanien und Sizilien so leicht
und reichlich aufgenommen und dann in der vielversuchenden Sezessionszeit so glückliche
Vorstöße in das Neuartige gemacht, daß man ihm auch weiterhin Günstiges verheißen darf.
Alle diese Phasen seines Schaffens sind in der Ausstellung durch die besten Stücke ver-
treten. Man erinnert sich ja an das Einzelne. Sie erhalten aber hier noch einen lebendigen
Widerhall in den oft ganz brillanten Studien, die für das Publikum neu sind. An dieser Stelle
ist dann noch besonders das kunstgewerbliche Streben Engelharts hervorzuheben. Man
erinnert sich noch an die bahnbrechende Wirkung seiner technisch originellen Paravents,
des Adam und Eva-Kamins, der so geometrisch stilisierten Intarsiafiguren zur Tristansage,
die nach St. Louis kamen und zum Teil dort verblieben sind. Die Finessen des Bronze-
gusses, der I-Iolzschnitzerei, der Marqueterie und so weiter beschähigen ihn von jeher
lebhaft. An gewissen größeren Aufgaben, wie an der Saaleinrichtung im Hause Taussig
auf der Schönbrunnerstraße, bewährt sich immer wieder seine kunstgewerbliche Ader.
Neu ist eine durchbrochen gearbeitete metallene Heizverkleidung mit Federvieh, das,
nach Art des Schablonenschnittes stilisiert, reizvoll wirkt. So ist Engelhart in der Wiener
Kunst eine eigentümliche Erscheinung, eine janusgestalt, die, gleichzeitig dem volks-
tümlichen Wien und der internationalen Kultur zugewendet, noch weite Möglichkeiten
vor sich hat.
OÜLOÜSE-LAÜTREC. In der Galerie Miethke eine große Ausstellung von
Pastellen und meist farbigen Lithographien dieses genialen Montmartrien. Graf l-Ienri
de Toulouse-Lautrec, bekanntlich schon als Kind an beiden Beinen verunglückt, physisch
Jlare", mit 37 jahren Selbstmörder. Dekadent mit den Dekadenten des Jahrhundertendes,
deren Niedergang einen Aufschwung eigener Art bedeutete. Von Baudelaire bis Mallarme,
von Paul Verlaine bis Paul Gauguin. Wie es heilkräftige Schlammbäder gibt, welche die
alten Rheumatismen aus den Gelenken treiben und die akademischen Exsudate zum Auf-
saugen bringen. Auch dieser „M0or" hat seine Schuldigkeit getan und ist dann gegangen.
Vom Plakat und vom Brettl her, vom Kabarett und Variete aus hat sich selbst die edle Kunst
modernisiert, für das neue Aug' und Ohr. Die Poeten der „Butte" sind seitdem tot oder
sitzen auf den unsterblichen Fauteuils; die zwei größten Avancements, die es gibt. Den
Malern und Graphikern des Moulin Rouge ist es auch nicht schlechter ergangen. Die Welt
hat sich an sie gewöhnt und sie sogar schon überholt. Auch Toulouse-Lautrec ist weit
weniger verworfen, seit Van Gogh gekommen und gegangen. Ein vomehmer, diskreter
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