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Volltext: Allgemeine Bewaffnung und Artilleriewesen (Gruppe XVI, Section 2), officieller Ausstellungs-Bericht

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Guftav Semrad und Johann Sterbcnz. 
Fettigkeit, als dafs fie (ich für Rohre, welche mit grofsen Ladungen und 
fchweren Gefchoffen präcife fchiefsen, ein gewiffes Gewicht 
aber dabei nicht überfchreiten follen, eignen würde. Das Mafs der 
abfoluten Fettigkeit und Elafticität reicht bei der Bronce nur bis zu einem 
gewiffen, kaum den bisherigen Anforderungen entfprechenden Grade, und es 
find daher aus diefem Grunde jene grofsen Ladungen und Gefchofsgewichte, wie 
fie die heutige Feldartillerie braucht, fowohl für Hinter- als Vorderlader aus 
Bronce gänzlich unzuläffig. 
Broncerohre, welche mit grofsen Ladungen und Gefchoffen befchoffen 
werden, erleiden ferner bleibende Ausdehnungen im Lade- und Gefchofsraume. 
Beim Hinterlader wird hiedurch die Dichtung des Abfchlufsmittels illuforifch 
und das Rohr defshalb unbrauchbar, wenngleich es balliftifch noch vollkommen 
geeignet wäre. Bei Vorderladern hätte diefe bleibende Ausdehnung weniger zu 
bedeuten, dagegen werden aber die Rohre in ihren Zügen durch die intenfive 
Stichflamme derart zerftört, dafs fie bald an Präcifion verlieren. 
Der deutfchfranzöfifche Krieg hat dargethan, dafs langanhaltende Feld 
züge noch nicht aufser dem Bereiche der Möglichkeit liegen, und dafs mithin 
Gefchütze mit fehr grofser Ausdauer für künftige ähnliche Fälle umfo nothwendiger 
erfcheinen, je fchwieriger eventuell der Erfatz fich geftalten kann. Die Artillerie 
wird in den kommenden Schlachten auch an und für fich eine gröfsere Thätigkeit 
als je zu äufsern haben; fie wird den Kampf auf weiteren Entfernungen beginnen 
und nachdrücklich unterhalten, daher ihr Material vielmehr anftrengen müffen, 
weil nur fie befähigt ift, in den Fernkampf mit jener Ueberlegenheit einzutreten, 
welche den darauffolgenden Nahkampf weniger verluftreich macht und wefent- 
lich abzukürzen vermag. Nur eine weit und rafant fchiefsende Artillerie kann der 
gegenwärtigen Infanterie auf und aufserhalb deren Entwicklungsdiftanz ent 
gegentreten. 
Die Verfuche, welche an verfchiedenen Orten mit Bronce zu dem Zwecke 
ausgeführt wurden, um deren abfolute Fettigkeit und Widerftandsfähigkeit gegen 
die Expanfivkraft der Pulvergafe zu erhöhen, haben nur halbe Erfolge gehabt, 
und dürften kaum zum erfehnten Ziele führen. 
Die Bronce läfst fich zwar in kleineren Partien raffiniren, das heifst des. 
oxydiren, nicht aber in jenen Quantitäten, wie fie zum Kanonengufs nieder- 
gefchmolzen werden müffen. Sie wird daher, fo lange die jetzigen Anfchauungen 
über die Leiftungsfähigkeit der Feldartillerie Geltung behalten, — und es ift nicht 
abzufehen, welche Urfachen eine Reduktion diefer Anfprüche herbeiführen 
könnten, — nur ein Surrogat für den Gufsftahl bilden. 
Dem Gufsftahl ift eine weitaus gröfsere abfolute F eftigkeit 
eigen, undwiderfteht derfelbe auchviel beffer denWirkungen 
d e r S t i c h f 1 am m e. 
Die Unverläfslichkeit gegen das Springen, welche maffive Gufsftahl-Rohre 
in verfchiedenen Beifpielen gezeigt haben, ift durch die Ringconftrudlion voll- 
ftändig aufgehoben worden und dürften beringte Rohre jene abfolute Sicherheit 
in diefer Beziehung bieten, wie Rohre aus Bronce. Diefe auf die Stahlrohre 
Ubergegangene Eigenfchaft der Broncegefchütze macht die Acquifition der 
erfteren in Berückfichtigung der anwendbaren grofsen Ladungen und Gefchofs 
gewichte bei einem die Manövrirfähigkeit der Artillerie nicht überfchreitenden 
Gewichte der Gefchütze umfo wünfchenswerther, als Broncerohre einer Feld 
artillerie nimmer die Superiorität über Stahlartillerien erringen werden. 
Wie kommt es nun, dafs Rufsland und Fr ankrei ch, mithin Staaten, 
denen an dem Befitze einer hervorragenden F e 1 d a rt i 11 e r i e 
ficher gelegen ift, auf der Ausftellung durch je ein broncenes Feldgefchütz 
vertreten waren? 
Wir werden verfuchen, diefe Frage zu beantworten, bemerken aberzuvör- 
derft, dafs diefs bezüglich Rufslands eine Sache von befonderer Schwierigkeit ift,
	        
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