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Gedanken ausgehend hat Architekt Lothar Abel, der sich bisher insbesondere als Garten-
architekt einen Namen gemacht hat, oben genanntes Buch verfasst. Die Tendenz ist
daher eine populare; das Buch richtet sich nicht an den Künstler, sondern an den Laien,
an denjenigen, der in gewissen Fallen dieses bestimmten Kuostverstandnisses bedarf. Man
kann im Allgemeinen sagen, dass das Buch seiner Absicht entspricht, doch will es uns
scheinen, als ob der Begriff von Geschmack und Eleganz, indem nur die Renaissance zur
Grundlage genommen, zu enge gefasst ist. So ist es gewiss nicht richtig, wenn so un-
bedingt ausgesprochen wird: aGemalte Verzierungen passen nicht für die Außenseite
eines Wohnhausesu Gerade die Renaissance erhebt Protest dagegen. Was die Anordnung
des Inhalts betrilft, so beginnt der Verfasser mit allgemeinen Betrachtungen über den
Grundriss, über den ästhetischen Charakter des Wohnhauses, geht dann zu dem Aeußern
des Hauses über, zur Facade, dann zu Thüren und Fenstern und bespricht die Theile
des Innern in der folgenden Reihe: Stiegen, Vestibule, Plafond, Wände, Fußboden,
Kamine, Saal, Salon, Boudoir, Speisezimmer. nDas elegante Wohnhaus in seinen Be-
ziehungen auf die Schönheit der Straßen macht den Beschluss. J. v. F.
Monumenti storici ed artistici degli Abruzzi. Studi di Vincenzo Bindi,
con prefazione di Ferdinando Gregorovius. Napolf, F. Gianuini e
figli, 1889. 4". 966 S.
Kann sich auch der Süden Italiens mit den mittleren und vollends mit den nord-
lichen Provinzen der Halbinsel weder an Fülle der erhaltenen Kunstdenkmäler noch an
Bedeutung dieser letzteren für die Kunstgeschichte messen, so hat er doch in beiden
Beziehungen bisher eine weit über Gebühr hinausgehende Zurücksetzung erfahren. Na-
mentlich was das gebirgige Innere des Landes, die ehemalige Abruzzenprovinz des
neapolitanischen Königreichs an Kunstschatzen birgt, war bis auf äußerst wenige Aus-
nahmen den einheimischen, und was vielleicht noch mehr sagen will, auch den fremden
reisenden Kunstfreunden unbekannt geblieben. Lange Zeit mochte dazu hauptsächlich
der üble Ruf beitragen, den der europäische Reisende mit dem geographischen BegriEe
der Abruzzen zu verbinden pßegte. Aber auch seitdem nach der Einverleibung des Bour-
bonenreiches in das geeinte Italien die Sicherheitsverhältnisse daselbst wieder ganz nor-
male geworden waren, fanden die Kunstschstze der Abruzzen trotz der in ihre innersten
Thiler geschlagenen Schienenwege nicht die gebührende Aufmerksamkeit. Vereinzelte
Monographien über dortige Kunstdenkmäler, insbesondere diejenigen V. Bindi's, ver-
mochten auch nicht das Interesse der betheiligten Kreise dahin zu lenken, bis dieser
Autor sich endlich entschloss, unter einer nur bei den modernen Italienern anzutreffenden
patriotischen Aufwendung von Vermögensopfern eine umfassende und in vielfacher Hin-
sicht erschöpfende Kunsttopographie und Kunstgeschichte der Abruzzen zu verfassen, die
nunmehr mit ihren fast tausend enggedruckten Quartseiten fertig vorliegt. Mit den sorg-
fältigen Beschreibungen ungezahlter Denkmäler und der Masse bisher unedirten Quellen-
materials bildet das Werk eine wahrhaftige Fundgrube für den Kunsthistoriker, wozu
noch eine ausgewählte Anzahl von selbständig beigegebenen Lichtdrucktafeln zu er-
wähnen isn
Begreiflicherweise steht die große monumentale Kunst im Vordergrunde der Dar-
stellung. Aber wie dem wahrhaften Kunstfreunde auch das in bescheideneren Maßen und
Formen auftretende Kunstwerk als solches nicht entgeht, so hat Bindi auch dem Kunst-
gewerbe dort, wo es selbständige Beachtung verdient, volle Würdigung zu Theil werden
lassen. Der Majolica-Industrie von Castelli ist ein ganzes umfangreiches Capitel gewidmet.
Wir lernen daraus einzelne mittelalterliche Vorläufer dieser Industrie kennen und erfahren
massenhaftes biographisches Materiale über die dafür thatig gewesenen Hauptkünstler
aus dem 17. und 18. Jahrhundert, insbesondere über die verschiedenen de Grue, wogegen
Antonius Lollus, dem de Mely eine so bedeutsame Rolle zuweist, bei Bindi nur dem
Namen nach (als Lolli Antonio bezeichnet und wohl aus Versehen in's 16. und 17.Jahr-
hundert versetzt) Erwähnung findet. Sehr Bemerkenswerthes wird uns nicht minder aus
dem Gebiete der Goldschmiedekunst geboten, indem es B. gelungen ist, eine ganze
Anzahl von hervorragenden kirchlichen Kunstgegenstanden aus dem 1;. Jahrhundert um
einen abruzzesischen Meister Namens Nicolo dt Guardiagrele zu gruppiren; die dies-
bezüglichen Studien haben übrigens seit dem Erscheinen der aMoi-iumgnti. nach ging
weitere Verbreiterung und Vertiefung erfahren, die der Verfasser in einem eigenen
Schriftchen (Per Nicolo di Guardiagrele, orafo del secolo XV. Firenze 1390. 8'. 17 S.)
niedergelegt hat.
Mit der rückhaltlosen Anerkennung, die wir_ dem so großartig angelegten und
glücklich durchgeführten Werke zollen, verträgt es sich gewiss, wenn wir zum Schlusse
die Berichtigung eines, übrigens ziemlich belanglosen, Details anfügen. Auf Seite 604
mochte B. aus einer Inschrift, die er nortisius- oder norasius ianuariiu (mit darauf-