EIT etwa zehn Jahren vollziehen sich grundlegende
Wandlungen im Stil unserer Gärten. Die all-
gemeinen Anschauungen über das Garten-
problem werden aber durch sie zunächst eher
verwirrt als geklärt. Nur in einem kleinen Kreise
von Künstlern und ihren Anhängern herrscht
Einigkeit im Denken über den Zweck und das
Aussehen eines Gartens. Außerhalb dieses
Kreises begegnet man einer ziemlich allgemeinen
Zerfahrenheit des Urteils. Hier sind noch Vor-
stellungen im Schwange, die mit den Prinzipien
des englischen Landschaftsgartens zusammenhängen, jenen Anschauungen,
die aus einer neu erwachenden Naturliebe in der zweiten Hälfte des
XVIII. Jahrhunderts hervorgegangen sind und die in England um so leichter
zur Geltung gelangen konnten, als der bis dahin bestandene Wildpark
vielfach aufgelassen und in einen Landschaftsgarten verwandelt wurde.
Die Bezeichnung Park behielt der Garten von seiner früheren Bestimmung
her bei. Ein solcher Garten hörte in den vom Hause entfernteren Teilen
auf, ein Garten im bisherigen Sinne zu sein, er entbehrte der Blumenbeete
und war nichts als eine kultivierte und etwas mehr oder weniger idealisierte
Natur. Da ein solcher Park bald auch auf dem Kontinent als das Vornehmere
und Erstrebenswertere galt, wurde nicht nur mancher alte Barockgarten,
so gut es ging, in einen Landschafts-
garten verwandelt, man nannte auch
einen stilisierten Garten von größe-
rer Ausdehnung „Park" und sprach
zum Beispiel von einem „Schön-
brunner Park", während es von
Rechts wegen nur einen Schön-
brunner Garten gibt. Später wurde
auch der verhältnismäßig kleine
Stadtgarten zum „Park? An Stelle
der Verschiedenheit der beiden Be-
griffe trat eine Verschmelzung. Jeder
Kurhausgarten dünkte sich mehr,
wenn er Kurpark hieß, und nur wo
ein älterer Sprachgebrauch vorlag,
wie zum Beispiel in Wien beim „Au-
garten", „Volksgarten", „Schwar-
zenberg-" oder „Belvederegarten",
Miniaturrnalerei aus dem „Roman de 1a rosa", XV. Jahr-
deckte sich die Bezeichnung mit dem hundert (nach van Sypesteyn)
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