als den Ausdruck des Widerstandes gegen gesundheitgefährdende Ausschreitungen der
Mode; seine Urform war der Schlafrock der kranken Frau, sein geistiger Urheber der Arzt;
und als sodann die Künstler seine Ausgestaltung in die Hand nahmen, diente ihm der
Malkittel ihrer weiblichen Kunstgenossen als Vorbild. Schon aus diesen Ursprüngen läßt
sich ermessen, daß es für die ganz andern Zwecke, denen das Straßenkleid, das Gesell-
schaftskleid und das Kleid der Hausfrau zu dienen hat, wenig geeignet sein konnte, und in
der Tat sind alle Versuche, es diesen Zwecken anzupassen, gescheitert. Der Vortragende
zog hieraus den Schluß, daß zwar eine Beeinflussung der Mode anzustreben sei, damit
Verstöße gegen die Forderungen der Gesundheitspflege vermieden würden, daß aber der
Rückweg zum Reformkleid keinesfalls eingeschlagen werden dürfe.
Der Vortrag wurde durch eine große Anzahl gut gewählter Lichtbilder erläutert, die
teils den Modeblättern der letzten Jahrzehnte entnommen waren, teils die Gemälde
bekannter Meister Wiedergaben.
Der Aufruf, den der Verein kürzlich an die Frauenwelt gerichtet hat, gibt den Beweis,
daß seine Bestrebungen mit den Absichten dieser Vorträge übereinstimmen. Die „ver-
besserte Frauenkleidung" soll nicht den Hosenträgerrock oder „das oh allzu eigenartige
Eigenkleid" bedeuten, sondern nur eine Kleidung, die gesund ist, sich aber innerhalb der
Richtlinien der Mode bewegt. Der Verein hat daher den Wunsch, sich an die bei der
Schaffung der Wiener Mode maßgebenden Persönlichkeiten anzulehnen.
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UNSTAUSSTELLUNG DES WIRTSCHAFTSVERBANDES. Der
Wirtschaftsverband bildender Künstler Österreichs, welcher den Zusammenschluß
sämtlicher heute noch durch verschiedene Verbände getrennter Kräfte anstrebt, hat sein
erstes Auftreten vor der Öffentlichkeit durch eine kräftige Aktion ergänzt. Die Verkaufs-
gelegenheit auf dem Opernring war ein bescheidener und glücklicherweise materiell erfolg-
reicher Anfang. Nun beherbergt die Markthalle in der Zedlitzgasse eine Schaustellung
der größten Wiener Verbände unter Führung des Wirtschaftsverbandes. Die Künstler-
genossenschaft, der I-Iagenbund, die Sezession, der Bund der österreichischen Künstler
haben nebeneinander, wenn auch unter sich geschlossen ausgestellt. Ein einziges Dach
überdeckt alle, ein gleiches System der Anordnung und viele offene Türen verbinden
sie. Der wirtschaftliche Druck der Verhältnisse hat persönliche Gegensätze zurücktreten
lassen und den Wert einer auf gemeinsame Ziele gerichteten Organisation zur Geltung
gebracht.
Trotz der großen Schwierigkeiten, welche die lahmgelegte Produktivität, die Arbeits-
unlust mit sich brachte, die alle Künstler erfaßt zu haben schien, ist doch eine sehenswerte
Schaustellung zustande gekommen. Es fehlen wohl alle Sensationen, alle starken Taten,
wie sie nur gesammelter Kraü entspringen können, aber es zeigt sich ein Durchschnitt,
der durchaus erfreulich ist und Zukunftsholfnungen erweckt.
Im Atelier jedes Künstlers sammeln sich Werke an, die er noch nicht auf den Kampf-
platz öffentlicher Schaustellungen gesendet hat, die ihm oft nicht so nahestehen wie jene,
die er besonders liebt. Darunter sind aber sehr oft auch Stiefkinder seiner Laune und vieles,
was seine Persönlichkeit widerspiegelt, wenn auch nicht seine stärksten Impulse.
Manch einem, der seine Begabung zu leicht dem Streben opfert, sich öffentlich bemerk-
bar zu machen, kommt es sehr zustatten, wenn seine Leistungen intimerer Art, gesammelter
Stunden zum Vorschein kommen. Mancher hat aus früheren Entwicklungsperioden unter
dem Einfluß besonderer Stimmungen Geschaffenes, das er nur deshalb zurückstellte, weil
seine Ziele andere wurden. Und endlich sind viele Arbeiten, bei welchen kein Ausstellungs-
zweck maßgebend war, oft allein dadurch wertvoll, daß sie eine intimere, gedämpftere
Stimmung repräsentieren.
In dem Raume, welcher die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens in vorteil-
haftester Anordnung der Bilder zeigt, treten diese Erscheinungen in deutlicher Form zu-