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Hierin wären somit die öffentlichen Garantien zusammengefasst, die
gegen Uebervortheilungen bei Licitationen überhaupt in Frankreich, dem
Publicum geboten sind und vielmehr den Charakter moralischer Garan-
tien haben.
Ob dieselben auch immer hinreichende materielle Sicherheit in der
Praxis und insbesondere gegen Schädigungen bei Licitationen von Kunst-
gegenständen gewähren, ist eine andere Frage, die mit Rücksicht auf den
bestehenden Localusus zu erörtern sein dürfte.
In Paris, wo die ölfentlichen Verkäufe von Kunstgegenständen in
der Regel in dem bekannt vortrelflich organisirten Hötcl des ventes vor-
genommen werden, übernimmt der Commissair-Priseur keine Verantwort-
lichkeit für die Authentizität von Kunstwerken oder für die Richtigkeit
der in den Katalogen enthaltenen Angaben; gestützt auf die Schätzung
des Experten (der nur Privatperson ist) trägt jener den Charakter des
Vermittlers zwischen Verkäufer und Käufer mit den Attributionen eines
öffentlichen Functionärs. In den einzelnen Fällen wird er allerdings für
die Echtheit der Materie (Juwel, Gold oder Silber) oder dass ein Gegen-
stand alt und nicht imitirt sei, einzustehen und dafür zu sorgen haben,
dass dem Verkäufer der Schaden ersetzt werde. Bei alten Bildern jedoch ist
der Umstand von Wichtigkeit, dass der dem Reclamanten obliegende
Beweis, ein Bild rühre nicht von dem Meister her, dem es zugeschrieben
wurde, kaum je hergestellt werden kann. Reclarnationen dieser Art wer-
den in der Regel von dem Tribunal zurückgewiesen, es wäre denn, die
Parteien verstanden sich auf den Ausspruch einer Commission von Kunst-
verständigen.
Für die Echtheit von Werken moderner Künstler lässt sich der Be-
weis fast immer, wenn nicht durch den Künstler selbst, doch durch dessen
überlebende Nachkommen und Schüler leicht herstellen; es erfordert daher
dieser Fall keine weitere Erörterung, desgleichen wenn ein neues Bild
unter Bezeichnung eines ältern Meisters verkauft und der Beweis, dass
es neu sei, geliefert werden kann, in welchem Fall der Ersatz uöthigen-
falls gerichtlich zugesprochen wird und wenn der Verkäufer, der Expert
oder Comrnissair hiebei wissentlich vorgegangen wäre, so würde die An-
klage auf Betrug Platz greifen.
Werden nun einerseits dem Käufer, wenn nicht sein eigener Geschmack
und Verständniss entscheidet, durch den Namen desjenigen, aus dessen
Sammlung das Bild herrührt, durch das Urtheil der zu Rath gezogenen
Kunstverständigen, endlich oft durch den Ausrufspreis und die grössere
oder geringere Concurtenz der Käufer wesentliche Anhaltspunkte für die
Beurtheilung eines Kunstwerkes geboten, so liegt anderseits in der Per-
sönlichkeit eines durch die Jahre erprobten öffentlichen Functionirs. der
als Commissair-Priseur unter der Controle der Regierung die Qugtjonq;
von Kunstgegenständen mit Verständniss leitet, wie z. B. in Paris Herr