Alma mater Albipolitana unter der Führung des wPraeceptor Germaniaeu
zum Bildungsmittelpunkte der Länder deutscher Reformation wurde. - --
Auch Realien trieb der Bergstadtssohn. Luther hatte es für einen
gewaltigen lrrthum erklärt, zu meinen: Naturkenntniss sei für den Theo-
logen unnütz; Melanchthon war begeistert für Mathematik und Physik,
von der die Astronomie einen Theil bildete, die Astronomie, um deren
willen (nach Platon) dem Menschen das Auge gegeben sei. Die Univer-
sitätsstatuten schärften das Hören mathematischerVorlesungen ein; Mathe-
sius fühlt sich schon durch seinen Namen zur Mathematik geleitet; die
Statuten drangen darauf, dass auch in der Physik disputirt wurde, was
noch an keiner anderen Hochschule in Uebung gewesen.
Allerdings waren diese physikalischen Studien überwiegend philo-
logische, vorzugsweise auf genauer Erforschung der Alten beruhend. Für
die Humanisten waren Aussprüche der Classiker mindestens ebenso
schlagende Beweise als Gründe der Vernunft und Beobachtung.
Obgleich die Studenten aus aller Herren Länder herbeiströrnten,
und wohl nicht alle des Lernens wegen, obgleich der freche Missbrauch
akademischer Freiheit auch dieser Hochschule nicht fremd blieb, ja die
jungen Wüstlinge selbst vor gefeierten Männern nicht zurückbebten, ist
für Mathesius dieser erste Wittenberger Aufenthalt (im späteren Rück-
blicke) fast ganz in's rosenstreuende Frühlicht getaucht. Freilich ver-
schlang sich mit der Erinnerung an diesen die noch viel theurere an die
weiteren Glückstage in der nicht genug zu rühmenden Stadt, an die
Tischgenossenschaft mit seinem deutschen Propheten, an alle dort ge-
schlossenen Freundschaften und von dort erfahrenen Förderungen. In
immer neuen Tönen preist er seine geistige und geistliche Heimat, freut
sich ihrer auswärtigen, auch gegnerischen Anerkennung, wie durch lngol-
stadt, Salzburg, Wien und Venedig.
Nur wenige Semester durfte der empfängliche und dankbare Student
der Constellation der erlauchten Namen sich freuen; Frau Sorge wird
ihn wieder weiter getrieben haben. Er wird Lehrer im sächsischen Alten-
burg, mit der Gelegenheit, die durch seinen sprunghaften Bildungsgang
entstandenen Lücken auszufüllen. Nach zwei Jahren stieg er zum Rector
auf, in der Stadt, in der er sein Lebenswerk Enden, sein Meisterstück
machen sollte, in Joachimsthal. '
Joachimsthal war die jüngste Stadt des nordwestlichen Böhmens,
in übermüthiger Jugendblüthe ihrer I6 Lenze. Trotz seiner bergigen
Natur entbehrt der Kreis nicht fruchtbarer Flächen. Wald und Wild,
einst überreich, ist noch nicht verschwunden; mineralische Wasser rauschen
aus dem Gestein. Noch jetzt sind die Berge nicht unergiebig an kostbaren
und nützlichen Stoffen; außer Zinn und Blei, Eisen und Schwefel, Allun,
Vitriol und Salpeter, Porzellan- und Steinguterde spenden sie Topas und
Amethyst, Opal, Hyazinth und Jaspis.