MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1895 / 8)

Neben den Werken der Baukunst finden zunlcbst auf dem Gebiete der Plastik die 
Grabsteine sowie die in Bayern volltsthümlichen und hochentwickelten Arbeiten der 
Hblznchnitzerei volle Aufmerksamkeit. Die Glasgemalde sollen vollständig genannt werden, 
desgleichen die kirchlichen Geratbschaften des Mittelalters und der Renaissance, insoweit 
gewisse äußere Utustande nicht etwa hindernd in den Weg treten. 
Die Anordnung des Werkes folgt der administrativen Eintbeilung Bayerns; in den 
die einzelnen Bezirksämter behandelnden Abschnitten folgen die Orte in alphabetischer 
Reibe. Jeder Abschnitt wird mit mehr oder minder ausführlichen Notizen über die Ge- 
schichte, die Topographie und die Bevölkerung sowie über die kunsthistorische Ent- 
wicklung der betreGenden Localitäten eingeleitet. 
Die bis jetzt vorliegenden I0 Lieferungen des ersten Bandes einhalten die Ab- 
schnitte über die unmittelbaren Städte Ingolstadt, Freising und Landsberg, sowie über 
die Bezirksämter Ingolstadt, Pfatfenhofen, Schrobenhausen, Aichach, Friedberg, Dachau, 
Freising, Bruck, Lundsberg, Schongau, Garmisch, Tolz, Weilheim und München I. 
Am Schlusse eines jeden, einen der Regierungsbezirke behandelnden Bandes soll eine 
statistisch-historische Uebersicht folgen. 
Das reiche Abbildungsmateriel, tbeils nach photographischen Aufnahmen, tbeils 
nach Plänen und Aufrissen, in dem Institut des Verlegers oder in dem I. B. Obernettefs 
hergestellt, bietet, außer den Behörden und den Kunstbistorikern, denen diese VerOKent- 
lichung in erster Linie zu Gute kommen soll, den Kunstfreunden und ausübenden 
Künstlern eine unschätzbare Uebersicht der vorhandenen Beispiele alter bayerischer Kunst. 
M-t. 
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Pflanzenformen. Vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale 
Studium der Pßanze. Mit erläuterndem Texte von M. Meurer. Zum 
Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, technische Hochschulen 
und höhere Unterrichtsanstalten, sowie für Architekten und Kunst- 
handwerker. Dresden, Gerhard Kühtmann, 1895. Fol. 85 Taf. M. 68. 
Das lange erwartete Werk Meurer's ist nun im Buchhandel "erschienen, und, wie 
vorauszusehen war, ist sein Inhalt geeignet, je nach der Parteistellung der Leser des- 
selben, sehr verschiedenartige Gefühle zu erwecken. Vor Allem wird es den Bekümpfern 
des Studiums der überlieferten Kunsiform, welche mit dem Feldgeschrei nNaturt ihre 
eigenen Schwachen zu verbergen suchen, eine verdiente Enttäuschung bereiten. Meurer 
sieht mit vollem Recht für die tektonischen Künste im Studium der natürlichen Formen 
ein Heil nur dann, wenn dasselbe auf das engste mit dem Studium der überlieferten 
Kunstfurmen verknüpft wird, und halt das speculetive Naturstudium für diese Künste 
nicht blos für nutzlos, sondern geradezu für gefährlich. Mit Recht befürchtet er in 
diesem Falle ein ebenso unfruchtbares Durchpeilschen der Naturformen, gleichwie sammt- 
liche Stilarten der letzten Jahrhunderte in wenigen Jahrzehnten aufgebraucht wurden. 
Besonders beherzigenswerth ist, was Meurer über das. namentlich im Kreise 
der Zeichenlehrer, so viel missbrauchte Wort -stilisiren- sagt, wie überhaupt das Studium 
des umfangreichen Textes vornehmlich allen Lehrern gewerblicher Lehranstalten nicht 
warm genug empfahlen werden kann. 
Ebenso wie der Bildhauer und Maler nicht allein an den überlieferten Werken 
der Kunst zu studircn hat, sondern auch die Natur selbst zu Rathe ziehen muss, ebenso 
soll. nach Meurer, auch der Kunsthandwerker, der technische Künstler das Stadium der 
natürlichen Formen pflegen, nicht nur um selbst erfinden und bilden zu können, sondern 
auch zu dem Zwecke, um die überlieferten Formen verstehen zu lernen. Dieses Natur- 
studium ist aber nicht in der Weise durchzuführen, dass nur die malerische Erscheinung 
der Pflanze wiedergegeben werde, welches Studium auf der obersten Stufe zum Still- 
leben führt. Diese Art Naturstudiurn ist für den tektonischen Künstler werthlos. Dieser 
soll die Gestaltungsgesetze und Formelernente des Naturubiectes kennen lernen, 
(überdies soll er auch die plastischen Eigenschaften der Ptlanze studiren; daher sieht 
Meurer nicht blos im Zeichnen, sondern hauptsächlich auch im Modelliren nach der 
luatürlichen Pflanze einen Gewinn für unser Kunstschalfen. 
Beim Zeichenunterricht soll also die Pflanze zunächst nicht naturalistisch-perspec- 
tivisch, sondern prnjicirend dargestellt werden, um das Wesen und den Zusammen- 
bang ihrer Formelemente in jener Vollkommenheit und Reinheit zu erkennen. wie es 
für ihre Verwendung in den Kuustformen nothwendig ist. Meurer verwahrt sich hiehei 
speciell gegen die Einwendung des Unkünstlerischen einer solchen Darstellungsweise. 
Für die mit der Architektur enge verbundenen Kunsthandwerlte ist das projicirende 
ÄZeichnen unerllsslich.
	        
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