G. R. DONNERS TÄTIGKEIT FÜR DAS DOM-
STIFT GURK so VON ALFRED SCHNERICH-
WIEN s:-
ASS Propst Otto Kochler von Jochenstein mit dem
Wiener Künstlern G. R. Donner und den Ge-
brüdern Bibiena in Beziehung trat, ist bis heute
durch Nachrichten nicht näher bekannt geworden.
Manches ist vielleicht noch bei weiterer Durch-
sicht des Gurker Archives, manches wohl auch
durch auswärtige Funde, insbesondere Korre-
spondenzen zu erwarten."
Die Beziehungen zwischen Gurk und Kloster-
neuburg, dessen Mitglieder ebenso wie seinerzeit
inwGurk auch heute noch nach der Regel des
heiligen Augustin leben, sind bereits im Mittelalter deutlich zu erkennen.
Der Stifter des berühmten Verduner Altars von 1181, Propst Werinher,
wurde später Bischof von Gurk, 1 194 bis 1195. Die um jene Zeit entstandenen
holzgeschnitzten Reliefs der TürBügel des Hauptportals stimmen in den
Darstellungen mit dem Verduner Altar so nahe überein, daß wir auch hier
Werinher als geistigen Urheber erblicken dürfenf"
So liegt die Vermutung nahe, daß Propst Otto seine Bekanntschaft mit
Donner ebenfalls über Klosterneuburg machte. Donner schuf für das berühmte
Donaustift die steinerne Pietagruppe über dem Friedhofportal, zu welchem
auch noch ein Tonmodell im Stiftsmuseum sich erhalten hat. Außerdem
schuf ein nicht sicher bekannter Künstler die Steingruppe gleicher Dar-
stellung im Kreuzgang. Das Stiftsmuseum bewahrt von Donner eine Blei-
statuette des Merkurf"
Der Beginn der nachfolgenden Untersuchung geht naturgemäß von
Donners Bleigruppe des Gurker Kreuzaltars aus, welche in Lebensgröße
den von Maria und drei Engeln betrauerten Leichnam Christi darstellt. Dieses
berühmte Kunstwerk ist ob des vorzeitigen Todes Donners eigentlich
Fragment geblieben. Das Tabernakel hat Balthasar Moll hinzugefügt. Die
ergänzenden, z'2o Meter hohen Statuen auf Felsenkonsolen an den benach-
barten Schiffspfeilem, links der Jünger Johannes stark weiblich, jugendlich,
ohne näheres Attribut, rechts Magdalena, durch das Salbgefäß gekenn-
1 Vgl. Hann, „Beiträge zur neueren Kunstgeschichte des Gurker Domes", Carinthia I, Band G8, Seite 167.
Dazu: Schnerich, „Die Kunst der Gegenreformation im Dornstifte Gurk", Jahrbuch der Leo-Gesellschaft, 189g,
Seite 101. Neuerdings sind die Gurker Kunstdenkmale durch Ansichtskarten. Verlag Schnitzer, Gurk, heraus-
gegeben von Schnerich, bequem zugänglich gemacht.
'"" Schnerich, „Die beiden Türßügel des Domes zu Gurk", Mitteilungen der Zentralkommission, N. F. 15.
Seite 174.
f" Drexler, „Stift Klosterneuburg", Wien, 1894, Seite 82, 128, 216. Dazu die bahnbrechenden Unter-
suchungen Dr. W. Paukers, „jahrhuch des Stiftes Klosterneuburg", Band z, Seite 318 f. Eine zeitgenössische
Nachricht, daß Donner am Friedhofportal gearbeitet hat, ist bis heute trotz vieler Mühe allerdings nicht gefunden
worden, doch spricht dafür die Haustradition und auch die Ähnlichkeit mit sicheren Werken, darunter der
Gurker Gruppe.