MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Mähren und Schlesien

514 
werden kann. Die von der Lysa strahlenförmig auslaufenden vielgestaltigen Kämme 
erleichtern die Besteigung des Hauptgipfels mit dem Erzherzog Albrecht'schen Schutzhause. 
Eine empfehlenswerthe Ausgangsstation bietet die Thalweite von Friedland, einem 
mährischen Grenzstüdtchen am Fuße unseres Berges. Durch den prächtigen Grund des 
breiten Satinathales steigen wir ungefähr drei Stunden lang theils durch Wald, theils 
über Weideblößen empor zur baumfreien Lysaspitze. Rings heilige Stille des Gebirges, 
nur selten tönt das Hämmern des Spechtes oder der schrille Ruf des Hähers an unser Ohr. 
Auf dem Wege staunen wir noch über den tosenden Satinafall und die pittoresken Blöcke 
des Andreasfelsens. Sie erinnern uns an die im Volksmunde fortlebenden Erzählungen 
von Ondrasch, dem schlesischen Rinaldo, der hier seine Schlupfwinkel hatte, bis 1715 der 
„Herr der Lysa" sein kühnes Räuberleben in unrühmlicher Weise beschließen mußte. Haben 
wir die Serpentinen im letzteren Theile des Weges überwunden, dann können wir in 
stummem Entzücken unsere Seele in ein erhabenes Schauspiel versenken. Die karpathischen 
Landschaften auf mährischem, schlesischem und ungarischem Boden, die blauen Wälle des 
Gesenkes, die reiche schlesische und polnische Ebene: das gibt ein unbeschreibliches Bild mit 
Lieblichkeit gepaarter majestätischer Naturpracht. Hunderte von Bergesgipfeln reihen sich 
in endlosen Ketten bis zu den Nebelfernen, deren duftigen Schleier selbst das bewaffnete 
Auge nicht zu durchdringen vermag. Die Gehänge unseres Riesen decken prächtige Forste. 
Ein geregelter Flößapparat mit Triftbächen und Klausen schwemmt die ungeheuren Schätze 
von Werk- und Brennholz zu Thale. Auf der Mittagsseite, im wildschönen Recicathale, 
dämnwrt ehrwürdiger Urwald. Hier theilt der König der Lysaforste, der stolze Edelhirsch, 
sein waldiges Revier mit dem kühnen Steinadler, den wir nicht selten hoch über uns im 
lichten Äther schweben sehen. Einen sonnigheiteren Gegensatz zu dem ernsten Grün des 
Hochwaldes liefern die blumenreichen Fluren mit ihrer farbenbunten Vegetation. Himbeer- 
und Brombeerstauden, Heidel- und Preißelbeeren und eine artenreiche Flora von Forst- 
nnkräutern beeilen sich, die durch den Kahlhieb bloßgelegten Strecken in staunenswerther 
Fülle zu überkleiden. Auch die würzigen Hochwiesen und Hochweiden mit der primitiven 
Almenwirthschaft des Beskydenschüfers dürfen wir nicht unerwähnt lassen. 
Im Gebiete der Lysa und des Travny zeigen sich drei anmuthige, gutbesiedelte 
Thäler: die Thäler der Moravka, der Moh elnica und der Ostravica. Folgen wir den 
Quellbächen derselben aufwärts in das Gebirge, so gelangen wir zu der schon genannten 
Dreiherrenspitze der Beskyden, dem massiven Sulov (943 Nieter). Hier oben, in der 
Einsattlung des Rückens, stehen einige Hütten, daneben ein hohes Holzkreuz, das „Weiße 
Kreuz", und ringsum prangt jenes paradiesische Stück Erde, „in dem die Erhabenheit 
und Schönheit der Teschner Gebirgswelt ohne Zweifel ihren Höhepunkt erreicht". Das 
Weiße Kreuz vermittelt die Verbindung mit den angrenzenden Thälern. Wir wenden uns
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.