I Aktuelles Kunstgeschehenl Wien
Wien
Museum des 20.Jahrhunderts
Rudolf Hoflehner, 12.1.-20.2.1972
Albertina - R. Hoflehner, 20.1.-27.2.1972
Auf Haflehners Bilder und Skizzen (1967-1971) hatte
man mit Spannung gewartet. Mit insgesamt 47 meist
größefen Exponaten bzw. Skizzengruppen
vermittelte das Museum des 20. Jahrhunderts auch
den gewünschten repräsentativen Überblick der
iüngsten Bestrebungen des in Stuttgart lehrenden
Künstlers. Hoflehners Malerei erwies sich für nicht
wenige als echte Herausforderung, ist sie doch -
vor allem bei neuesten Beispielen - alles eher denn
gefällig oder kulinarisch ästhetisierend. Hoflehners
Bilder sind kraftvoll, stark graphisch bestimmt, in
den Farben kontrastreich, mitunter grob und
geradezu berserkerhaft, direkt, in mehrfacher
Weise agressiv. Zusammengefaßt charakterisieren
sie das Anliegen aller großen Kunst: das der
Existenzbewältigung, aufgezeigt am Modell der
menschlichen Figur.
Zum Unterschied zur feinnervigen, sensiblen Unikat-
und Auflagengraphik, die in qualitativ beachtens-
werter Auswahl, iedoch in zum Teil schon bekannten
Beispielen von der Albertina (Handzeichnungen,
Druckgraphiken, 1961-1971) vorgestellt wurde, sind
Hoflehners wesentlich expressivere Bildgleichnisse
nidit nur von einer durdw die Malerei selbst
ausgelösten Vergröberung des Bildgesdiehens im
Sinne rascher lesbarer Verdeutlichung bestimmt,
sondern auch durch ein - wenigstens teilweise -
andersgeartetes, vermutlich starken Schwankungen
unterlegenes inneres Engagement, dem es um die
Umsetzung und Verdeutlichung menschlicher
Probleme, das Aufzeigen von Konfliktsituationen
geht. Man spürt viel van dem ewigen Zwiespalt
offenkundiger Begrenztheit und der Hoffnung des
Ubersichhinauswachsens. Das Organische,
Kreatürliche wird nicht umsd-irieben.
Rudolf Hotlehner nach den heute gängigen
Etikettierungen stilistisdw zu orten, fällt nicht leicht.
Dazu ist seine Malerei zu eigenwillig und einzel-
göngerisoh. Sie weist - teilweise in Fortsetzung der
Plastiken - markante expressive Merkmale auf und
erinnert gelegentlich, was Thematik und Farb-
behandlung anlangt, an Francis Bacon (Abb. 1, 2).
Österreichische Galerie
Rudolf Richly, 15.12.1971-_15.2.1972
Secession - R. Richly, 29. 2.-1 3. 3. 1972
Zwei abgerundete, verdiente Ausstellungen für das
älteste noch lebende Mitglied der Wiener Secession.
Prof. Rudolf Richly, 1886 in Ödenburg geboren,
1948 Begründer des „Neuen Hagenbundes" und
dessen erster Präsident, ist der vielleicht
pariserisdtste Wiener Maler. Er liebt die Seine-
Metropole und fährt auch iedes Jahr dorthin, um
auszustellen und von ienem Flair aufzutanken, das
seine Bildwelt und sein bescheiden sympathisches
Wohnatelier auf der Wieden gleichermaßen
kennzeichnet. Richly ist ein Vollblutmaler, der es
verstand, sich iung und geistig beweglich zu halten.
Bei allem Können besitzen seine Bilder etwas vom
Reiz des echten Autodidaktentums, etwas von der
Poesie der Naiven. Richlys Bildwelt ist eine Welt der
kleinen einfachen Dinge: behutsam aufgebaute
Stilleben, Landsdtaften und Stadtarchitekturen, ein
Platz, eine Plankenwand, Personen im Gespräch
und neuerdings sogar figurale Kompositionen.
Richlys Palette ist abwechslungsreich. Sie kennt die
frischen Kontraste und Farbsteigerungen ebenso wie
die Noblesse verhaltener Braun- und Griinnuancen.
Neben dem zügigen Duktus berührt die sympathische
Unbekümmertheit, die schon erwähnte Poesie seiner
Kompositionen (Abb. 3, 4).
Galerie Grünangergasse 12,
Attersee, Brus, Gironcoli, Pichler, Rainer
27. 1.-28. 2. 1972
Eine neue, von Künstlern im Verein mit dem Lokal-
inhaber genossenschattlich organisierte Avantgarde-
galerie. Bis auf den Aktionisten Brus, dessen
Zeichnungen in ihren gewollten Greuel-Perversitöten
42
im Heinzelmännchenflair einfach undiskutabel
schlecht und künstlerisch harmlos sind, nahm sich
die Eröffnungsrevue wie erwartet aus. Attersees
Konsum- und Sexpersiflagen wurden als
Zeichnungen von 3000 Schilling aufwärts, in Form
eines rund zwei Meter breiten Triptychons um
135.000 Schilling angeboten. Bruno Gironcoli zeigte
neue Entwurfszeichnungen von klarer Linearität.
Sie kosteten zwischen 6500 und 7500 Schilling und
waren damit ähnlich teuer wie die hervorragenden,
unerhört sensiblen Zeidinungen und Skizzen des
Obiektherstellers Walter Pichler, die zwischen 4500
und 9000 Schilling schwankten. Mit gänzlidi
neuen Fotaüberzeichnungen und Ubermalungen
eigener übersteigerter Gesichtszustände war Arnulf
Rainer am augenfälligsten mit von der Partie
(Face-Farces). Ein mit insgesamt neun Siebdrudren,
Offsetlithos bzw. Originalphotos der Genannten
(ausgenommen Brus) ausgestattetes Mappenwerk in
Hunderterauflage wurde um 4200 Schilling
angeboten (Abb. 5, 6).
Galerie Schottenring
Hermann Painitz, 82-13. 3.1972
Auszählbilder, Visualisierung der Zeit, Statistische
Porträts, Bildwerdungen der Nationalratswahl 1971
betitelte sidt ein informativer Querschnitt durch
das Werk der letzten Jahre. Was Painitz aus der
Fülle möglicherweise Vergleichbaren heraushebt,
ist sein Verhältnis zur Realität, die er im Sinne von
statistisch meßbaren Fakten als Bildanlaß auswertet
und zu einer signalbetonten, geometrisch-abstrakten,
freien Formenfindung und damit durchaus subiektiv
geprägten Ästhetik in Beziehung setzt. Bei den
„Statistischen Porträts" (an ihnen arbeitet der
Bildner auch nodt zur Zeit) erstellt Painitz
ideenreiche, zueinander harmonische Zeichen, die
für bestimmte charakteristische Tätigkeiten innerhalb
des Tages- bzw. Wad1enablaufes des Porträtierten
stehen. (Einen größeren Beitrag über Painitz
brachten wir im Heft 117.) (Abb. 7.)
Galerie nächst St. Stephan
Thorn, 12.1.-12.2.1972
Jim Dine,15.2.-15.3.1972
Wie aus der Schaumtube gepreßt und bunt-popig
bemalt, wirkten aufs erste einige der Obiekte mit
beinahe Environmentcharakter unter dem Titel
„Spiele spielen" von Erwin Thorn. Er zeigte seine
neuen Arbeiten aus Polyester und bemalter
Leinwand knapp im Ansdtluß an seine Präsentation
von „Thorn weiß" im Museum des 20. Jahrhunderts.
Als Multiple erschien ein Tiefziehobiekt in 75
handsignierten und numerierten Exemplaren zum
Stüdcpreis von 450 Schilling.
Jim Dine, einer der führenden Pop-Künstler der
Vereinigten Staaten, war im Ansrhluß an Thorn
mit einer interessanten, wenn auch nicht optimalen
Auswahl seines weitverzweigten graphischen
Werkes zu sehen. Die Ausstellung kam durch
Zusammenarbeit mit der Galerie Mikro, Berlin,
zustande. Monsignore Otto Mauer, der über die
Grenzen Usterreichs hinaus gleichermaßen bekannte
wie umstrittene Kunsttheoretiker und Leiter der für
die Wiener Kunstszene so ungemein wichtigen und
verdienstvollen Avantgordegalerie, feierte Anfang
März seinen 65. Geburtstag.
Galerie Ariadne - FebruarlMörz 1972
Georg Eisler, Alfred Hrdlicka
Hrdlickas frühen, zum Teil wenig bekannten
Kleinplastiken der Jahre 1944 bis 1971 standen
iüngst entstandene Landsdtoftspastelle des
Secessionspräsidenten Georg Eisler in einer in
beiden Füllen qualitativ zufriedenstellenden,
abgerundeten Auswahl gegenüber. Die - über-
raschende - formale und thematisch-inhaltliche
Vielfalt der frühen Hrdlicka-Bronzen fand in der -
auch zeitlich bedingten - größeren Geschlossenheit
der burgenländischen Landschaftseindrücke Eislers
(meist auf tonigem Papier) ein kontrastierendes
Gegenstück. Im Anschluß an Wien ging die
Exposition an die Galerie Valentin in Stuttgart
(Abb. 8, 9).
Autotino-Galerie
Herbert Breiter, 1.12.1971-6.1.1972
Mit 56 Ulbildern, Aquarellen und Lithograp
eine durchaus repräsentative Sdtau des 192i
Schlesien geborenen, seit Jahrzehnten in Sal
lebenden Künstlers. Breiters bewußt eng gez
gleichsam auf die Anonymität spezifischer
Landsohafts- und Architekturstrukturen gerich
Motivkreis, dem noch das Stilleben hinzuzuri
ist, hat sich seit Jahren nicht verändert. Breit
ist ein Maler der Stille. Seine Bilder werden
erfreuliche Herbheit und farbige Noblesse,
durdi Harmonie und sensiblen Stimmungsgle
gekennzeichnet. Mit zum Qualitätsvallsten zt
einige der dalmatinischen Landsdtaften, die
geglückte Umsetzungen intensiver Naturerlel
einefsich ständig Rechenschaft gebenden
Grundhaltung - gekonnten - bildnerischen V
ziehens zu werten wären
Künstlerhaus Kinogalerie
Valentin Oman, 18.12.1971-31.1.1971
Premiere der neuen Foyer-Galerie mit den d
reichen, eine Fülle feinster graphischer Darstt
und Sdtwingungen collageartig zu größeren
Bildwerken vereinigenden Tafeln des 1935 ge
Kärntners Valentin Oman (Abb. 10).
Kleine Galerie
Herwig Steiner, Walter Angerer, Richa
Die erste Personale des in Linz geborenen N
und Aquarellisten Herwig Steiner, eines eher
Sdiiilers von Boedrl, Gütersloh und Elsner ai
Wiener Akademie der bildenden Künste, hin
einen geschlossenen, positiven Gesamteindr
den pastosen, strukturbetonten, erdig wirken
Olbildern sdwließt der Künstler - obschon es
um Landsdiaften handelt - nicht unwesentlic
Abstraktion eines Poliakoft an. Steiners
Landschaftsaquarelle in zumeist saftigem Gr
Blau hingegen besitzen ihren Reiz im vehemi
lockeren Duktus, der freilich in ausreichend
Aufbau Entsprechung findet.
Ebenfalls iungen Künstlern aus Oberösterreii
auch die beiden folgenden Expositionen bei
Kunstfreunden gewidmet. Richard Eder konz
sich in seinem Werksüberblick einerseits auf
den Franzosen Cesar und dessen Neuen Rea
gemahnenden zusammengepreßten Kühler-
aggregote, zum anderen iedoch auf seine
kleinkalibrigen Kupferreliefs und -plastiken,
- auf Jutegrund montiert - zu ansprediende
auch qualitativ und in der Aussage unterschi
Bildwerken montiert.
Walter Angerers Steinplastiken und Bildcolli
verdeutlichten ein klar abgegrenztes bildner
Bemühen, das in Grundzügen vom Kubismus
herkommt und hierin Parallelen zum Werk d
Wieners Pillhoter aufweist. Angerer ist in se
kleinformatigen Plastiken um formale Klarhe
Geordnetheit und volumenbedingte Strenge
Er weiß um und betont die Autonomie des
Bildnerischen im Sinne freier abstrakter
Formfindung.
Insgesamt drei verdienstvolle kleinere AUSSTl
mit berechtigten Chancen für bisher kaum o
wenig bekannte iunge Künstler (Abb. 11).
Internationaler Künstlerclub
Susan R. Hazai, 13.1.-2.2.1972
Gerda Düring, 10. 2.-1.3.1972
Zwei nach Temperament und Alter sehr vers
artige Künstlerinnen, die iedoch beide vorn
Expressionismus herkommen. Dürings Grapt
Farbe und Schwarzweiß zeigen die Salzburg
von einer neuen Seite, die das Illustrative Zl
des Versuchs autonomerer Bildfindungen hir
(Abb. 12).
Pe