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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 174 und 175)

Ständerpulttisch, um 1760, mit doppeltem Tisch- 
lll (hier mittlere Höheneinstellung), Schub- und 
ienkkästchen, zweifache Höhenverstellbarkeit. 
ander-, Nußbaum-Rautenmosaik. 3. Ordnung mit 
erten Bein- und Perlmutteinlagen (Wappen des 
irsten von Walderdorll). Mehrzwecktisch zum Le- 
Schreiben, Nctenlesen, Zeichnen und Nahen, 
0,76 - 1,20 m, Breite 0,72 rn, Tiefe 0,49 m. Privat- 
r 
andlungstisch, um 1772, als Konscltisch, Deck- 
l zum Teil gravierte und gesengte Mosaikeinla- 
"Bänder, Blumen. Gartengeräte in feinster Tö- 
Zeichnungs- und Schnittqualitat). Vorwiegend 
htes Ahornholz in Ahornfurnier, Nußbaumeinfas- 
Höhe 0,81 m, Breite 0,86 m, Tiefe 0,43 m. Privat- 
andlungstisch, mittlerer Teil des Marketeriebil- 
an der Tulpe sind die Gravierungen zu erkennen, 
wie Abb. 15 
 
 
Zweite Beispielgruppe 
(2. Arbeitsphase 1750- 1764) 
Nach der Umsiedlung der Roentgen-Werkstatt von 
Herrnhaag nach Neuwied erhöhten sich die An- 
sprüche durch einen potenteren Kundenkreis. 
Hierzu gehörte der Kurfürst und Erzbischof von 
Walderdorff, Trier. Wohl aus dessen Besitz, derar- 
tige Kunden gab es damals für die Roentgen- 
Werkstatt in Frankreich noch nicht, konnte das 
Berliner Kunstgewerbemuseum 1979 ein beson- 
ders schönes und wertvolles Exemplar (Bild 10) 
der zweiten Beispielgruppe aus französischem 
Privatbesitz erwerben und damit einen ähnlichen 
Kriegsverlust ersetzen. Es handelt sich hierbei be- 
reits um ein Kunstwerk höchsten Ranges. Wäh- 
rend die konstruktiven und funktionellen Grundzü- 
ge im wesentlichen gleich oder ähnlich denen der 
1. Arbeitsphase geblieben sind, verfeinerten sich 
die Furniere, Einlagen und Schnitzereien beträcht- 
lich. Deckplatte, Spielplatte und Zargen bestehen 
aus vergittertem Rautenmosaik (Nußbaum, Pali- 
sander) dritter Ordnung mit Rosetten in den 
Schnittpunkten, gravierten Bein-Elfenbein-Ein- 
lagen in Form von Ranken, Rocaillen, Figuren- 
gruppen, Musikinstrumenten, Architekturteilen, 
Vögeln, Masken und Trauben, die eine prächtige 
Komposition darstellen. Schon jetzt wurden Anre- 
gungen aus französischen Stichwerken aufgegrif- 
fen] Der ausfahrbare Schreibtischaufsatz mit 14 
Schubkästen war lange Zeit verklemmt. Jetzt ka- 
men zwei fein gravierte figürliche Beineinlagen 
zum Vorschein (Bilder 10 und 11). Rocaillen- und 
Akanthus-Schnitzereien schmücken die Beine der 
hier nach englischem Vorbild aus der Zarge vorge- 
zogenen Eckzylinder (vCyliender Jops-QG bis zu 
den Füßen. Aus dieser 2. Arbeitsphase sind noch 
weitere 6 Verwandlungstische bekannt. Schließ- 
lich lösten vergoldete Bronzeappliken als 
Schmuckform die Schnitzereien ab. 
Die Reihe der Pulttische mit verschiedenen Ver- 
wendungszwecken eröffnen 4 noch bekannte klei- 
nere Lese-, Schreib-, Noten- und Nahtische. Das 
Bild 14 zeigt einen höhenverstellbaren, mit zahl- 
reichen Ausschwenkschubladchen versehenen 
kunstvollen Standertisch aus dem Besitz des Kur- 
fürsten von Walderdorff. 
Die Arbeitsplatte, einfach schrägstellbar, befindet 
sich an einem Pulttisch aus gleichem Besitz (Bild 
12) und zweifach aus einem anderen fürstlichen 
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Haus (Bild 13). Wieder fallen die Verwendung edel- 
ster Hölzer mit die Beine überlappenden Zargen- 
furnieren und dann das schlichtere Mahagonifur- 
nier mit Goldbronzebeschlägen im etwas späteren 
zweiten Beispiel des Pulttisches auf. im breiten 
Schubkasten, von einem aufgesetzten Halbrund- 
stab (uLippenrandu) eingefaßt, überdeckt eine 
rückschiebbare Schreibplatte 6 kleine Schubkä- 
sten. Stilistisch befinden wir uns mit den elegant 
geschwungenen Zargen und Beinen noch im Flo- 
koko. 
Dritte Beispielgruppe 
(3. Arbeitsphase 1762 - 1769) 
Charakterisiert war diese Zeit der Werkstatt durch 
die Einführung gefärbter und gravierter Markete- 
rien von höchster Qualität. In der politisch und fi- 
nanziell unsicheren Zeit verstärkten die Roentgen 
ihre Anstrengungen. Das kaufmännische Genie 
des Sohnes David führte die Werkstatt zu einem 
Höhepunkt mit der Hamburger Lotterie (1769). 
Bedeutende Künstler, wie Januarius Zick, Elias 
Gervais, Christian Krause und Christian und Peter 
Kinzing, vervollständigten mit ihren überragenden 
Leistungen die Erzeugnisse der Kunsttlschler- 
werkstatt. 
wie fließend die Übergänge des Stiles, der 
Schmuckarten und Formen sind, beweist unser 
aus dieser Zeit stammende, kürzlich hervorragend 
restaurierter (Werkstatt Graf zu Münster) Ver- 
wandlungstisch, der bereits in der Holz-Mosaik- 
Einlegetechnik der 4. Arbeitsphase, jedoch noch 
graviert und gesengt am Ende der 3. steht (Bilder 
15-22). Weitgehende Rationalisierung, wie Ver- 
einheitlichung der Maße und Formen, Schmuck- 
formen und Einrichtungen, z. B. leichte Montage 
und Demontage der einzelnen Teile zum Trans- 
port, wurde zunehmend zur Grundlage der Roent- 
gen-Werkstatt, weit der Zeit vorauseilend und in 
der Spatzeit auf höchster Stufe stehend." Auf Bild 
15 sind z. B. die Fugen der abschraubbaren Beine 
erkennbar. 
Die verschiedenen Funktionszustände dieses Ti- 
sches, in dem die eingangs erwähnte zeitgenössi- 
sche Werkstattbeschreibung lag, verdeutlichen 
die Bilder und Zeichnungen 15-22. Nur bei die- 
sem Beispiel sind die fein gearbeiteten elfenbei- 
nernen und goldbronzenen Spielmarken außer den 
Spielsteinen aus Rosenholz und Palisanderholz 
(Bild 22) für das Trick-Track-SpieP erhalten. 
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