270
Gruppe III. Chemische Industrie.
Die continuirlichen Apparate besitzen eine bedeutend grössere
Leistungsfähigkeit wie die älteren Pistorius’schen Apparate und
gestatten die Gewinnung eines höherprocentigen Alkohols; irrig ist
aber der Glaube, dass durch dieselben mehr Alkohol gewonnen würde,
denn zur vollkommenen Entgeistung der Maische waren auch die älte
ren Destillationsvorrichtungen ausreichend. Wenn in irgend einer Bren
nerei die Spiritusausbeute eine geringe ist, so darf dieselbe gewiss dem
Apparate erst in letzter Linie zur Last gelegt werden.
Es würde zu weit führen, die zahlreichen Modificationen des Co-
lonnenapparates, welche für den einen oder anderen Zweck ausgeführt
sind, auch nur dem Namen nach anzuführen, da dieselben nur un
wesentliche Abänderungen des oben beschriebenen Apparates bilden.
Nur des Illges’schen Colonnenapparates mag hier noch gedacht wer
den, welcher, zwar noch nicht hinreichend erprobt, sich aber durch
sinnreiche Construction sehr empfiehlt. Inwiefern der Yorwurf, dass
die zahlreichen Regulir- und Nachflussvorrichtungen denselben zu com-
plicirt machten, gerechtfertigt ist, muss erst die Erfahrung lehren.
Auf einem von den Colonnenapparaten abweichenden Princip be
ruht der von C. Siemens construirte continuirliche Apparat. Der
selbe ähnelt dem L. Siemens’sehen Exhaustor - Maischkühler. Die
Maische, welche entgeistet werden soll, fällt auf rotirende Scheiben in
einem Säulenapparat und wird durch den von unten aufsteigenden
Dampf entgeistet. Der zur Destillation dienende Dampf setzt bei sei
nem Eintritt in die Säule mittelst einer Dampfturbine die Scheiben,
welche die herabfliessende Maische zu verstäuben haben, in Dotation.
Erfahrungen über den Siemens’schen Apparat liegen bis jetzt nur
sehr wenige vor; in Cuba sollen drei derartige Apparate mit grossem
Erfolge zur Destillation von Zuckerrohrmelasse-Maischen dienen, und
bei einem ^ehr geringen Brennmaterialconsum ein sehr hochgradiges
Destillat geben.
Als Material für Destillirapparate wurde früher ausschliesslich
Kupfer verwendet, neuerdings fängt man an, dasselbe durch Eisen,
namentlich bei den cöntinuirlichen Colonnenapparaten, zu ersetzen. Zur
Herstellung billiger Destillirapparate wird von C. Siemens Holz mit
eisernen Böden und Decken empfohlen; in einzelnen Brennereien finden
sich sogar Destillirapparate aus rechtwinklig an einander gereihten
Sandsteinplatten (die besten derartigen Platten kommen aus dem
Solling a. d. Weser); trotz ihres primitiven Aussehens haben sich diese
Apparate in der Praxis sehr wohl bewährt.
Die Dephlegmirung der aus dem Pistorius’schen Apparat
entweichenden Alkoholdämpfe geschah bisher durch grössere, mit
Wasserkühlung versehene, linsenförmige Becken; bei den neueren
Destillationsapparaten strebt man danach, compendiösere Apparate an
die Stelle der Becken zu setzen.