Ferner ist die Bearbeitung mit den Kneipzangen typisch, mit
denen der Glasmacher die gezackten Ränder und andere Or
namente an den Handgriffen der Vasen und der « Ciste » oder
den Kelchwänden formt: diese Anwendung triumphiert be
sonders im kommenden Jahrhundert.
Wir dürfen nicht vergessen, dass dieses goldene Zeitalter den
Ruhm Venedigs nicht nur innerhalb der Ausdehnung seiner
territorialen Grenzen oder in den Zonen seiner Handelsbezieh
ungen verbreitete - es genügt die bewundernden Schilde
rungen von Fra Leandro Alberti zu lesen - sondern auch in
den verschiedendsten entfernten Gebieten Europas, wohin trotz
der strengen Gesetze der Republik die Meister von Murano
auswandern. Sie sind es, die mit dem guten Geschmack auch
die Geheimnisse der Glasherstellung verbreiten. So gelangt
man Schritt für Schritt von der einfachen « facon de Venise »
zu den neuen unabhängigen Zentren der Glaskunst Frank
reichs, Flanderns, Englands und Böhmens; aber auch in Ita
lien, treten das kleine ligurische Städtchen Altäre, in dem
gegen Ende des XV. Jahrhunderts eine eigene Hochschule
für die Glaskunst gegründet worden ist, und die Städte Flo
renz, Pisa, Neapel in Wettstreit mit den Glasöfen von Murano.
Indessen überlässt das goldene Zeitalter mit seinen klassi
schen Formen langsam aber unerbittlich dem Aufkommen
des barocken Geschmacks den Platz, der sich auch in der
Glaskunst bemerkbar macht und diese nimmer mehr durch
dringt. Die lineare und einfache Struktur des XVI. Jahrhunderts
wird in komplizierte Schnörkel, Masken, Windungen um
gesetzt und es ist im allgemeinen eine Verwandlung immer
reicher an Phantasie und gewandter in ihren technischen
Möglichkeiten festzustellen, die aber gleichzeitig schwerer
geworden ist. Ihre Blütezeit ist so üppig, dass sie die grösst-
möglichste Verbreitung auf allen Märkten findet. Neben den
tüchtigen Nachkommen der ältesten Familien von Murano
kommen neue Namen auf, wie jener des Gerolamo Magagnati,