kleineren Doppelfenster mit Wimberg darüber zu dem Oratorium und
dazwischen der zierliche, gothische Glockenthurm, rechts der grosse
viereckige I-Iauptthurm, der Bergfried oder Wartthurm; links ein im
Grundriss dreieckiger Thurm, der Nordwestthurm; also wieder, wie
bei der vorspringenden Brüstungsmauer darunter, eine im Grunde
symmetrische Anordnung, jedoch nur mit sozusagen unbewusst
wirkender, zur Einheit bindender Gewalt, weil ausser der sym-
metrischen Massenvertheilung alles Übrige nach grösster Mannig-
faltigkeit gedacht ist, zum Beispiel: ein runder, ein dreieckiger, ein
viereckiger, ein sechseckiger Thurm noch obendrein von denkbarster
Verschiedenheit nach Grösse, Proportion, Einbindung in das übrige
Mauerwerk, Dachbildung u. s. w.
Sowie in diesen Grundzügen der Conception ist auch im Einzelnen
mit unendlich feinem Kunstgefühle die grosse Regel alles künstlerischen
Schaffens, nämlich: strengste Einheit bei möglichster Mannigfaltigkeit,
in so mustergiltiger Weise verkörpert, dass man bei der Analyse
dieses architektonischen Meisterstückes allzugeme länger verweilen
möchte, wenn es die hier einzuhaltende Absicht, die Burg und ihre
Schätze zunächst als Museum mittelalterlicher Kunst zu schildern,
gestatten würde. Nur Eines sei noch kurz erwähnt: die Bindung zu
einheitlicher Wirkung geschieht noch, ausser durch das gelungene
Massengleichgewicht, durch wohlthuende Stetigkeit eines nicht geglie-
derten kräftig wirkenden Quadermauerwerkes, ohne irgend welche
Störung durch den architektonischen Schulkram von Lesenen, Strebe-
pfeilern, Masswerken, Fialen und dergleichen. Auf dieser ruhigen
Mauerfläche heben sich die günstig vertheilten reicheren Einzelheiten
naturgemäss sehr wirksam ab. Es sind dies meist alte Originale oder
Copien nach solchen und soll vorläufig nur auf Folgendes besonders
aufmerksam gemacht werden:
Die weithin sichtbare Kreuzgruppe unter dem grossen gothischen
Musikchorfenster in überlebensgrossen Figuren stammt aus der
Meraner Gegend und ist ein Werk ersten Ranges der alten Tiroler
Plastik; die gründliche Anatomie und vortreffliche Proportion der
Figuren, der schöne Faltenwurf und die virtuose Behandlung alles
Technischen zeigen dies auf den ersten Blick. Geradezu sprechend
ist der Gesichtsausdruck der drei Figuren, aber ganz besonders
merkwürdig die ungewöhnliche Auffassung der beiden Schächer-
figuren: der zur Rechten von Christus, der im letzten Augenblicke
reuig in sich kehrt, hebt gnadeflehend, soweit es seine Fesselung
gestattet, beide Arme in anbetender Stellung Hilfe erbittend gegen den
Himmel. Seine Stellung ist die der antik-griechischen Adoranten, also