130V
Kännchen. Diese Art wurde vorherrschend bei den schönen farbigen
Lekythen und Oenochoän, welche in der letzten Zeit der Republik
und unter den claudischen Cäsaren aus alexandrinischen und den von
ihnen abhängigen italischen Werkstätten hervor-
gingen. Ein ringförmig geschlossener Faden
umgibt den Rand und die Fussplatte, ein stärkerer
ist unter dem Rande angebracht; um den Hals
legt sich ein dünner Spiralfaden, der unten beginnt,
einige Windungen beschreibt und dann schräge in
den Ring unter dem Rande ausläuft; ein oder
zwei dickere Fäden bilden den Henkel, oben mit
einer Verschlingung ansetzend, unten verdickt
auseinander gehend. Der Faden hat fast immer
eine andere Farbe als das Gefäss, meist ist er
opak weiss, aber auch gelb, roth, türkis- und
kobaltblau, smaragdgrün, violett. An Kannen und
Flaschen des II. und III. Jahrhunderts, welche
sich in den Formen an die griechisch-alexan-
drinischen anschliessen, ist der Farbenschmuck
gewöhnlich farblos, wie das Gefäss selbst, aber auch opak weiss,
gelb, blau.
Hatte man zuerst den Spiralfaden auf einen Theil des Halses
beschränkt und damit wohl den Bastfaden nachgeahmt, welcher an
Thonkrügen den Verschluss festhielt oder eine Tragschlinge bildete,
so dehnte man diesen Schmuck schon in der frühen Kaiserzeit nach
Belieben über andere Theile des Gefässes aus. Bei Kugelflaschen
wurde der ganze Bauch und ein Theil des Halses mit einer dichten
Spiralwindung versehen, welche in leichter Schräge, fast wagrecht
fortläuft. Wenn in Bertrich an der Mosel ein solches Spiralfadenglas
mit Münzen des I-Iadrian und der Faustina gefunden wurde, so ist das
keine ungewöhnlich frühe Erscheinung. Das Museo Borbonico in
Neapel, die Brera, der Palazzo Poldi-Pezzoli in Mailand und andere
italienische Museen enthalten deren mehrere aus der Zeit der Claudier.
In Gallien und am Rhein war das III. Jahrhundert die Blütezeit der
Fadenverzierung. Man findet hier ausser kugeligen Kannen und
Flaschen verschiedener Grösse auch fasschenartige Flaschen und
Trinkbecher, die aufrecht oder wagrecht auf kleinen Zapfen stehen
und an beiden Enden mit dichten Spiralen umwunden sind, Arm-
bänder, Griffe und Trinkhörner. Durch Auflage von zwei, einander
kreuzenden Spiralfäden entstand ein feinmaschiges Netzwerk, das
man mitunter mit kleinen perlenartigen Tropfen durchsetzte, wie auf
Oenochoö, Museum Wallraf-
Ricbanz