Richtung an und ist nur durch Bemalung in Grün und Roth belebt. Selbstverständlich
enthält die Ausstellung auch Einrichtungsgegenstände, welche auf das Element der
Verzierung nicht oder nicht in diesem Masse Verzicht leisten. Eines der reizendsten
Stücke ist der Zierschrank aus Rosenholz und Silber von Benson und Henry. Das Silber ist
für das Gitterwerk der Glasthüren, als aufgelegtes Ornament und zur Verkleidung der Füsse
verwendet und in gelungenster Weise oxydirt oder eigentlich nur alt aussehend gemacht.
Im ganzen sind die bezeichnenden Merkmale dieser neuesten Kundgebung englischer
Kunst im Handwerke die bis zur äussersten Grenze gebrachte Einfachheit und die vollste
Hingebung an mittelalterliche, ja primitive Formgebung. Wie sich der Stil in England in
den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, kann bei gerechter Beurtheilung hierin gewiss
nicht bloss die Sucht nach Neuem oder alterthiimelnde Liebhaberei gefunden werden.
Das ausschliessende Studium der Natur, und zwar der lebendigen, umgebenden, nordischen
Natur, musste consequent zu der gleichen Formensprache führen, welche demselben Boden
in alter Vorzeit entsprossen ist. Und weil dieser Process doch eigentlich ein natürlicher
war, liegt in der neuesten englischen Richtung eine Ehrlichkeit und Naivität, welche ihr
auch manchem Zweifel gegenüber Reiz verleiht.
London, im November 1899. V. Latour
RESDEN. UNTERRICHT m GEWERBLICHER STIL- UND GESCHMACKS-
LEHRE. Die Wichtigkeit der Schule für die künstlerische Erziehung des Volkes ist
in den letzten Jahren vielfach, mit besonderem Nachdrucke von Wilhelm Konrad Lange
in seinem Buche über die künstlerische Erziehung des deutschen Volkes betont worden.
Von einem bestimmten Schritte einer Unterrichtsbehörde in dieser Richtung hat man
indes bisher nichts gehört. Jetzt liegtein solcher Schritt vor. Vor einiger Zeit machte
nämlich der Gewerbeschul-Inspector Gewerberath Enke das königlich sächsische Mini-
sterium des Innern darauf aufmerksam, dass der Zeichenunterricht an Handelsschulen
schon wegen der geringen dafür verfügbaren Zeit seinem Zwecke oft wenig entspreche,
es aber von grosser Wichtigkeit sei, den Geschmack der künftigen Kaufleute und Fabri-
kanten planmässig zu bilden. Diese Anregung fiel auf fruchtbaren Boden. Das Ministerium
des Innern erörterte sie mit Sachkennern und gewann die Überzeugung, dass ein
Unterricht in gewerblicher Stil- und Geschmackslehre nicht bloss für Handelsschulen,
sondern auch für Web- und andere gewerbliche Schulen von Nutzen sein könne. Man
müsse diesen Unterricht wesentlich auf Anschauung gründen, sein Ziel aber müsse sein,
das Verständnis für geschichtliche Stilformen zu fördern, vor allem aber die Fähigkeit
auszubilden, Geschmackvolles und Geschmackloses voneinander zu unterscheiden. Man
verhehlte sich nicht, dass dies Ziel bei etwa wöchentlich einstündigem Unterricht in der
ersten Classe auf der Schule schwerlich zu erreichen sei, indes könnte dort in der Schule
das Verlangen, dieses Ziel zu erreichen, geweckt und dazu Hilfe und Anregung dargeboten
werden. Nicht der in der Schule übermittelte Unterrichtsstoff, sondern die durch den
Unterricht entwickelte Kraft müsste hier den Masstab für die Beurtheilung des Erfolges
beim Unterrichte bilden.
Man sagte sich nun weiter, dass der künstlerische Anschauungsunterricht nur dann
fruchtbar sein könnte, wenn die Anschauungsbilder in grossen, auch den weit zurück-
sitzenden Schülern deutlich erkennbaren Formen vorgeführt würden. Denn bekanntlich
hat das Herumreichen von Bilderbogen den grossen Nachtheil, dass die Worte des
Lehrers und die Anschauung für die meisten Schüler nicht zusammenfallen, dass der
Schüler dann meist nicht mehr weiss, was bei jedem Bilde gerade das Wichtige und
Wesentliche ist, und dass endlich durch das Weitergeben der Bilder der Unterricht
gestört wird. Was aber den Zweck des Unterrichtes angeht, so sagte man sich: Soll der
Geschmack gebildet werden, so müssen neben mustergiltigen auch charakteristische
tadelnswerte Beispiele vorgeführt werden, und zwar erschien es besonders wichtig, diese