LEOPOLD GRAF KALCKREUTH 50' VON
PAUL SCHUMANN-DRESDENSCP
S {erregte im vorigen Jahre grosses Aufsehen,
als man hörte, drei der angesehensten Meister
der Karlsruher Schule, Leopold Graf Kalckreuth
an der Spitze, hätten sich entschlossen, Karlsruhe
zu verlassen und einem Rufe nach Stuttgart zu
folgen. Aus den Äusserungen der Kunstblätter
und der Presse, die sich an jene Secession im
grossen Stile anschlossen, konnte man ersehen,
zu welch hohem Ansehen Kalckreuth empor-
gestiegen ist, welch hohe Stellung man ihm
allgemein in der deutschen Kunstwelt anweist.
Dass es mit vollem Rechte geschah, zeigte eine Sonderausstellung von
Kalckreuths Werken, die jüngst in Dresden in Emil Richters Kunstsalon
stattfand.
Der Name Kalckreuth hat schon längere Zeit einen guten Klang in der
deutschen Kunst. Leopolds Grossonkel, der Sohn des preussischen Feld-
marschalls, der sich im siebenjährigen Kriege auszeichnete und in der
Franzosenzeit Gouverneur von Berlin war, hat 1824 dramatische Dichtungen
herausgegeben. Sein Vater Stanislaus Graf Kalckreuth war anfänglich
Officier im ersten preussischen Garderegimente, verliess aber mit 25 Jahren
diesen Beruf aus Liebe zur Kunst und wandte sich 1845 in Düsseldorf -
unter Schirmers Leitung _ der Landschaftsmalerei zu. Er hat bekanntlich im
Jahre 1860 die Kunstakademie zu Weimar begründet und sie dann bis 1876
geleitet. Da seine Frau aus der Bildhauerfamilie Cauer stammt, so war das
Elternhaus Leopolds von Kalckreuth ganz und gar eine Heimstätte für
künstlerische Bestrebungen. Nicht nur er selbst wandte sich von vornherein
der Malerei zu, sondern auch zwei seiner Schwestern, von denen sich
namentlich Marie einen guten Namen gemacht hat. Im Jahre 1855 zu
Düsseldorf geboren, erhielt er auf der Kunstschule zu Weimar seine erste
künstlerische Ausbildung, die er von 187g an in München zunächst an der
Akademie unter Benczurs Leitung, dann in selbständigem Studium vertiefte
und vervollkommnete. Im Jahre 1883 stellte er in München sein erstes
grösseres Gemälde „Das Leichenbegängnis in Dachau" aus, welches
Beachtung fand. Das gleiche Jahr führte ihn zum erstenmale nach Holland,
das bekanntlich damals in der Zeit des aufstrebenden Naturalismus als
Gegenstand _malerischer Darstellung besonders geschätzt war. Im Jahre 1885
finden wir Kalckreuth wieder in Weimar, und zwar als Professor an der
Kunstakademie. Fünf Jahre später gab er die Stellung, die ihn nicht mehr
befriedigte, auf und die folgenden Jahre bis 1895 verlebte er in Zurück-
gezogenheit auf dem Gute seines Schwiegervaters, Höckricht in Schlesien.
Der Ruf an die Akademie in Karlsruhe führte ihn wieder dem öffentlichen
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