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befriedigt nicht mehr. Man ist sich des Widerspruchs, der in der Wiederbelebung histo-
rischer Bauweisen liegt, bewusst geworden und fühlt, dass man damit der Zeit vorenthält,
was diese von Einem fordern kann. Auch in den alten Städten, denen die Vergangenheit
ein besonders kräftiges Gepräge verliehen hat, büsst die Neuschöpfung des Alten ihre
künstlerische Zauberkraft mehr und
mehr ein. Die historische Bauweise,
durch die man gehofft hatte, den
künstlerischen Charakter der alten
Städte zu erhalten, hat sich als ein
ästhetischer Irrthum erwiesen, un-
sere Städte sind dadurch nicht künst-
lerisch reicher geworden. Den Ver-
gleich mit den Originalschöpfungen
halten die Nachbildungen doch nicht
aus. Nur indem wir original schaffen,
können wir hoffen, mit der Vergan-
genheit in Harmonie zu bleiben. Die
Bedeutung, welche die historische
Kunst gehabt hat, liegt darin, dass
sie der, den künstlerischen Charakter
unserer Städte verderbenden, sich
für modern haltenden, aber jedes
künstlerischenWertes entbehrenden
Pseudokunst einen Damm entgegen-
setzte und dann, dass gerade sie es
war, die unsere Kunst frei und
selbständig gemacht hat. Bevor die
Moderne ans Licht trat und damit
der Baukunst die Aufgabe zufiel, sich
ihrer Pflege zuzuwenden, war histo-
rische Echtheit das einzige Mittel
wahrer künstlerischer Gestaltung.
Diese Zeit ist nun überwunden. Ein
Gebäude der technologischen Abtheilung des Bayerischen neuer Stil kündigt sich in allen
Gewerbemuseurns in Nürnberg, mittlerer Tbeil der Fagade Zweigen unserer Kunst an und vep
langt gebieterisch seine Rechte.
Seine Pflege ist jetzt die vornehmste Aufgabe unserer Architektur, denn nur dadurch
kann es gelingen, unseren Städtebildern wieder einen künstlerischen Charakter zu geben.
Die Schönheit ist an keinen bestimmten historischen Stil gebunden. Wie könnte Einem
sonst das Durcheinander von Stilweisen, das wir in unseren Städten, ja zuweilen an einem
Bauwerk antreffen, gefallen? Schönheit entsteht vielmehr überall, wo mit ursprünglicher
Schöpferkraft gestaltet wird. Darum ist die beste Anpassung an das Alte nicht dessen stil-
getreue Wiederholung, sondern allein die freie künstlerische That.
Von dieser Erkenntnis geleitet, hat es der Erbauer und Leiter jenes Museums Ober-
baurath Theodor von Krarner unternommen, bei dem im Spätjahr des vergangenen
Jahres vollendeten, dem Hauptgebäude gegenüberliegenden Bau für die technologischen
Abtheilungen die neue Kunst zum Worte kommen zu lassen und damit der künstlerischen
Baufreiheit in Nürnberg eine Gasse gebrochen. Um der Zukunft das schöne Stadtbild
unverfälscht zu überliefern, hat das XV. Jahrhundert in Nürnberg vornehmlich die Gothik
und die Renaissance gepflegt, vereinzelt waren die Versuche, daneben das Barock zur
Geltung zu bringen. Hier wurde nun ein weiterer Schritt nach vorwärts gethan und auf der
Grundlage des Barock eine moderne Gesammtwirkung angestrebt. Am Barock wurde fest-