neue Material verliebt war, dass es den zarten Stoff der zierlich graziösen Tändeleien, der
Amorettenspiele und der Pastoralen durchaus auch für I-Ieldenstücke und Heroenmonu-
mente en miniature verwenden wollte.
Eine feine Bereicherung hat die Textiliensammlung durch einen grossenWandteppich
erfahren, reich und geschmackvollendet in Goldsückerei auf grünem Sammet, sowie durch
zwei erlesene italienische Chorröcke des XVI. Jahrhunderts, gleichfalls in Goldstickerei auf
Sammet. Sehr ansehnlich sind auch die Metallarbeiten. Drei mächtige Thürklopfer ziehen
vor allem den Blick auf sich. Zwei italienische, der eine aus Goldbronze mit einem Masken-
motiv, der andere aus dunkler Bronze, machtvoll gegliedert aus Renaissance-Schmuck-
figuren. Origineller als sie aber ist der dritte, eine deutsche Arbeit, vermutlich aus Peter
Vischers Werkstatt. Das Mittelstück dieses sehr eigenartigen Klopfers bildet ein Frauen-
kopf in der Art eines Nürnberger Leuchterweibchens und den Ring fügt die derbnaive
Verschlingung eines Mannes- und Frauenkörpers.
Ein edles Stück ist die goldene Pariser Taschenuhr von 1820, die ebenfalls unter
den Neuerwerbungen sich findet und geschmackserziehlich und anregend wirken sollte,
damit nun auch bei uns für diesen Nutzgegenstand eine ästhetisch-anmutige Einkleidung,
die die Franzosen längst haben, erstrebt werde. Schön ist der matte Goldton und einfach
und sicher wirkt das Flechtwerk des Randes, das sich organisch im Ring fortsetzt. Das
Zifferblatt verbindet dekorativen Reiz mit Zweckmässigkeit, die in diesem Fall die deutliche
Erkennbarkeit der Zahlen ist. Es wird von einer Goldpatte gebildet und die Ziffern heben
sich dunkler getönt davon ab.
Zu diesen Zeugnissen alter Kultur gesellen sich Dokumente moderner Kunst. Sie wird
diesmal durch Lalique vertreten. Und nicht nur einseitig durch den Goldschmied, von dem
eine Schnalle und ein Anhänger in mattgefarbtem und mit Email und farbigen Steinen
koloriertem Gold erworben wurde, sondern durch den Schmuckkünstler überhaupt. Von der
gleichenI-land, die diese subtilenGoldminiaturen fügte, sieht man ein schmiedeeisernesGitter
von zierlichstem Fluss der Linien. Seine Mitte bildet eine Frauengestalt und von ihr gehen
wie Strahlen in freiem Spiel die eisernen Spangen aus. Auch einige interessante Plaketten
deutscher Künstler, von Bosselt und Gaul, geben von gegenwärtigen Bestrebungen Kunde,
die man sich freilich noch vielstimmiger und mannigfacher hier repräsentiert denken könnte.
An Material hiezu fehlt es nicht.
Diese Plaketten führen uns zur Betrachtung der Kleinplastikausstellung, die jetzt in
Hirschwalds Kunstsalon stattfindet. Sie ist nicht retrospektiv und geht nicht darauf aus, das
schon Bekannte und oft Gesehene nach Personen und Landschaften geordnet vorzuführen,
sondern sie will möglichst das Neueste aus der Welt der Statuetten vorführen und wird
sich daher ständig ergänzen.
Sehr reich bestellt ist die Plakettengruppe. Von den bekannten Künstlern fesselt hier
besonders Charpentier mit neuen Füllungen zu einem Musikschrank. Sie sind Gegenstücke
zu jenen bekannten Reliefs der zarten hauchigen musikalischen Gestalten, die schon ein-
mal den gleichen Zwecken dienten. Diese neuen Musen sind aber nicht so ätherisch und
schmachtend wie ihre älteren Schwestern; es sind eher Karnevalsgöttinnen, die auf
ihren Musikinstrumenten ausgelassene Capriccios spielen und sich dabei in tollem Wirbel
drehen.
Neuere Namen in der Plakettenkunst sind Niclausse, ein Belgier, dessen Eigenart in
weicher wellig aus dem Metallgrund herauswachsenderModellierung besteht,undYeucesse,
der lieblich primitive legendarische Stoffe bevorzugt.
Grossen Raum nimmt die impressionistische Plastik ein. Desj an, ein Froufroukünstler,
versammelt einen ganzen Salon eleganter Frauenstatuetten, die er in flüchtiger Bewegung
festgehalten und in vibrierenden Tonskizzen nachgebildet: Madame, wie sie sich den Rock
graziös hebt, Madame mit dem Cape im Winde, Madame im Fauteuil, umfiutet von den
Wogen des siebenteiligen Rockes und noch manche andere Situation, die interessante
Bewegungsstudien ergibt.