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goldbrokatartigen Rosenmuster, die (wie Graf Latour erwähnt) damals bei
den schottischen Buchbindern obligat waren. Was unsere Kunstgewerbe-
Schüler in Phantasien für Vorsatzpapier leisten, hat man auf allen ein-
schlägigen Ausstellungen bemerken können; auch das Vorsatzpapier unserer
Monatsschrift stammt aus diesem Kreise, es ist von Else Unger. Und all
dieser Handarbeit gegenüber stehen bereits die Werke der Maschine, die
typographischen Vorsatzpapiere der Rudhardt'schen Giesserei in Offen-
bach a. M., die ein kleines heraldisches Muster von sehr guter Typisierung
ins Unendliche wiederholen lassen. Auch für die Kenntnis des modernen
Vorsatzpapieres, obgleich die Proben diesmal doch einem engeren Kreise
entnommen waren, ist jetzt ein günstiger Augenblick, den das Öster-
reichische Museum genützt hat. Noch ein Stück kunstgewerbliches Ödland,
das einst reich bebaut gewesen und nun wieder unter den Pflug ge-
nommen wird.
DIE KUNSTHISTORISCHE SAMMLUNG
PIERPONT MORGANS 51b VON P. G. KONODY-
LONDON Sh
URCH die Spalten der englischen Tagespresse
ging vor einigen Wochen ein Gerücht, dem-
gemäss der amerikanische Milliardär Mr. Pier-
pont Morgan den Entschluss gefasst hätte, die
von ihm im Laufe von zirka zwanzig jahren
gesammelten Kunstschätze in einem eigenen
Museum in New-York zu vereinigen, welches
er mit ungeheuerem Kostenaufwand neben
seinem herrlichen Stadthause zu erbauen ge-
denkt. Es seien ihm sogar die Pläne des Baues
schon vorgelegt und von ihm angenommen
worden. Da dieses Gerücht in keiner Weise dementiert wurde, kann man
wohl annehmen, dass es auf Tatsachen beruht und dass innerhalb kurzer
Zeit eine für europäische Kunstfreunde überaus traurige Auswanderung
unersetzbarer Kunstwerke stattfinden wird. Der Schlag ist umso härter,
als der Finanzheld bisher in grossmütiger Weise seine für unglaubliche
Summen erworbenen Sammlungen der Öffentlichkeit preisgegeben und
den Staats- und Munizipalmuseen von Athen bis Glasgow zur Verfügung
gestellt hat.
Obwohl von Zeit zu Zeit kurze Berichte über die Ankäufe Pierpont
Morgans ihren Weg in die Presse finden, ist es schwer, sich einen Begriff
von der weittragenden Bedeutung dieser kunsthistorischen Sammlung zu
machen. Die von ihm bezahlten Summen erreichen eine schwindlige Höhe