MAK

Volltext: Monatszeitschrift VI (1903 / Heft 4)

 
Kamee in ernaillierter Goldfassung 
als Kern für feine ebenso ansehnliche als amüsante Zusammenstellung von moderner, 
modernster und allermodernster Graphik jeder Art. Die besten Japaner, Pariser und 
Londoner, die kecksten Meister der farbigen Lithographie, der kalten Nadel, des Bleistifts, 
des Pastellstifts und Aquarellpinsels in bunter Folge. Von Manet und Puvis bis zu Rops 
und Steinlen, von Shannon und Toulouse-Lautrec bis zu George Henry und Edward 
Munch. Es ist eine Unterhaltung für viele Feinschmeckerstunden. - Im Kunstsalon 
Artaria kommt ein treBlicher Wiener Künstler, Ludwig Michalek, zu fast unerwarteter 
Geltung. Als Radiermeister längst anerkannt, hat er nämlich jetzt seine Schwenkung vom 
reproduzierenden zum produzierenden Künstler gemacht. Auch ein Segen der modernen 
Befreiung, dass solche Talente (William Unger ja auch), die durch das Schubladenwesen 
der früheren Ästhetik beim Leisten des Schusters zu bleiben gezwungen waren, jetzt ihr 
eigenes Talent entdecken und selbst der Mann sein wollen. Auch Michalek geht es dabei 
sehr gut. Er überrascht mit lebensgrossen oder auch kleineren Damenporträts in Pastell, 
mitunter als Interieur in trefflichem Fensterlicht gegeben (seine Mutter, oder Frau Editha 
von Mautner-Markhof). Dazu mit Landschaften von mitunter sehr feiner Stimmung und 
gewandtester Anwendung des Pastells oder der Raffaellistifte. Die unmittelbaren Natur- 
studien sind fast immer von grossem Reiz, desgleichen einige Nachtstücke mit Mond- oder 
Fensterlicht. Aber der Künstler ist auch dem Öl gewachsen. Sein grosses Bild: „Alte Holz- 
kirche in Garamszegh", unter hohen, dichtbelaubten Bäumen, ist von einer Saftigkeit in 
Farbe und Vortrag, als wäre das eine alte Flamme des Künstlers. Unter den Porträt- 
studien, zum Teil Vorarbeiten für die Radiernadel, ist uns das Pastellbild des Prof. 
Theodor Gomperz, am Arbeitstische schreibend, besonders lieb. Es gehört eigentlich in 
eine Wiener Galerie. Man darf sich jedenfalls freuen, dass Michalek von seinem guten alten 
Wege auf einen besseren neuen gelangt ist.
	        
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