Kamee in ernaillierter Goldfassung
als Kern für feine ebenso ansehnliche als amüsante Zusammenstellung von moderner,
modernster und allermodernster Graphik jeder Art. Die besten Japaner, Pariser und
Londoner, die kecksten Meister der farbigen Lithographie, der kalten Nadel, des Bleistifts,
des Pastellstifts und Aquarellpinsels in bunter Folge. Von Manet und Puvis bis zu Rops
und Steinlen, von Shannon und Toulouse-Lautrec bis zu George Henry und Edward
Munch. Es ist eine Unterhaltung für viele Feinschmeckerstunden. - Im Kunstsalon
Artaria kommt ein treBlicher Wiener Künstler, Ludwig Michalek, zu fast unerwarteter
Geltung. Als Radiermeister längst anerkannt, hat er nämlich jetzt seine Schwenkung vom
reproduzierenden zum produzierenden Künstler gemacht. Auch ein Segen der modernen
Befreiung, dass solche Talente (William Unger ja auch), die durch das Schubladenwesen
der früheren Ästhetik beim Leisten des Schusters zu bleiben gezwungen waren, jetzt ihr
eigenes Talent entdecken und selbst der Mann sein wollen. Auch Michalek geht es dabei
sehr gut. Er überrascht mit lebensgrossen oder auch kleineren Damenporträts in Pastell,
mitunter als Interieur in trefflichem Fensterlicht gegeben (seine Mutter, oder Frau Editha
von Mautner-Markhof). Dazu mit Landschaften von mitunter sehr feiner Stimmung und
gewandtester Anwendung des Pastells oder der Raffaellistifte. Die unmittelbaren Natur-
studien sind fast immer von grossem Reiz, desgleichen einige Nachtstücke mit Mond- oder
Fensterlicht. Aber der Künstler ist auch dem Öl gewachsen. Sein grosses Bild: „Alte Holz-
kirche in Garamszegh", unter hohen, dichtbelaubten Bäumen, ist von einer Saftigkeit in
Farbe und Vortrag, als wäre das eine alte Flamme des Künstlers. Unter den Porträt-
studien, zum Teil Vorarbeiten für die Radiernadel, ist uns das Pastellbild des Prof.
Theodor Gomperz, am Arbeitstische schreibend, besonders lieb. Es gehört eigentlich in
eine Wiener Galerie. Man darf sich jedenfalls freuen, dass Michalek von seinem guten alten
Wege auf einen besseren neuen gelangt ist.