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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1867 / 16)

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keit, aber noch liegen nicht hinreichende Erfahrungen über das Verhalten der italienischen 
Vorkommnisse in unseren Gegenden vor, um entscheiden zu lassen, ob nicht die grössere 
Dauerhaftigkeit des Steines in Italien etwa nur dem Umstande zuzuschreiben sei, dass er 
dort nur in viel geringerem Masse der Einwirkung des Frostes ausgesetzt ist. 
Beispiels des Abblätterns und allmiiligen Ruins des Wiener Sandsteines an der 
Luß sind an den älteren Gebäuden Wiens zu treden; ein besonders audallendes Beispiel 
bietet die im Jahre 1645 durch die Schweden gesprengte Veste Kreuzenstein bei Korneu- 
hurg, deren Sandsteinquadern unter dem Hauptthore stellenweise gänzlich aufgelöst und 
von dem Regen weggeführt wurden, so dass nur die Zwischenlagen von Mörtel wie ein 
Skelett zurückbliebeu. 
zahlreich sind die Fülle, in welchen eine Zersetzung des Gesteines durch besondere 
iiussere Erscheinungen statt hat. Eo musste z. B. bei der Benrtheilungvon Steinen, welche 
in London zur Verwendung kommen, in neuerer Zeit auch schon die Schwefelsäure in Be- 
tracht gezogen werden, welche durch den außerordentlichen Verbrauch von Steinkohlen 
in die Atmosphäre gelangt Es ist möglich, dass ihr ein Theil jener verderblichen Wir- 
kungen zuzuschreiben ist, welche sich jetzt schon nach wenigen Jahren an dem Bausteine 
der neuen Parlamentshäuser, dem doloniitischen und etwas eisenhliltigen Bausteine von 
Bolsover kund gibt, welcher doch erst nach einer sehr sorgfältigen und umfassenden Prü- 
fung aller wichtigeren Sorten von Bausteinen ausgewählt worden war. 
Von den beiden Säulen, welche den Marcusplatz in Venedig nach der Seeseits hin 
zieren, besteht die dem Dogenpalaste zunächst stehende aus rothem Syenit, die andere aus 
lichtgrauem Granit. Während die Erstere sich in einem vortrefdichen Erhaltungsstande befindet, 
lässt die zweite, aus Granit bestehende Säule an ihrer dem Meere zugekehrten Seite schon 
seit mehreren Jahren die Spuren einer beginnenden Verwitterung und Abschuppung erken- 
nen und ist das Schicksal dieses schönen Schaftes bereits der Gegenstand von Erörterungen 
der venetianischen Akademie gewesen. Es ist jedenfalls auffallend, dass dieser Schaft, 
welcher, so wie sein Seitenstiick, egyptischen Ursprunges ist, und schon Jahrtausenden getretzt 
hat bevur er an seine jetzige Stelle kam, jetzt zu unterliegen beginnt. hie Nähe des Meeres 
scheint jedenfalls hier von Einfluss zu sein, sei es, dass die vom Winde herbeigeführten 
feinen Theilcbeu von Meerwuier durch die in ihnen enthaltenen Salze auf den Granit 
wirken, oder dass die wiederholte Befeuchtung und der folgende Sonnenschein im Stande 
waren, das Gefüge des Steines allmälig his zu einem Grade zu lockem, das die Folgen 
sichtbar werden und das Verderben jetzt viel rascher um sich greifen lässt. 
Als bekannt dürfen endlich die Einflüsse angenommen werden, welche organische 
Verunreinigungen von eindringcnder Feuchtigkeit hervorzubringen im Stande sind und welche 
man gewöhnlich als Salpeterfrass bezeichnet. 
Es geht hieraus hervor, dass der grössere Theil der chemischen Umwandlungen, 
denen ein Gestein ausgesetzt ist, mit dem Eindringen von Feuchtigkeit in dasselbe in Ver- 
hindung steht; eben so sind jene Veränderungen, welche nicht auf der chemischen, sondern 
auf der physikalischen Beschaffenheit des Steines beruhen, in den meisten Fällen von dem 
Eindringen des Xvmlscrs abhängig. Die bei uns am häufigsten eintretende Erscheinung dieser 
Art ist das Andocken-n und Zersprengen der Gesteine durch den Frost. Es ist bekannt, 
dass das Wasser bei einer Temperatur von + 37," R. seine grösste Dichte besitzt und 
folglich das kleinste Volumen einnimmt, dass es sich aber sowohl bei der Abkühlung unter 
diese Temperatur, als auch bei der Erwärmung über dieselbe ausdehnt. Bei dem häufigen 
Schwanken um den Nullpunkt, welches man in unseren Gegenden wahrnimmt, können 
daher bei uns Gesteine, welche von feinen Sprüngen durchzogen sind, in sehr vielen Fällen 
als durchaus nicht wetterheständig angesehen werden, während sie doch schon in Italien 
und noch mehr in dem heissen und trockenen Egypten eine ganz ansehnliche Dauerhaftig- 
keit besitzen mögen. Die bunten Marmorsorten nnscrer Alpen sind es ganz insbesondere, 
welche unter diesem Einllusse leiden; so zeigen z. B. die verschiedenen seit beiliiufigmJahren 
in der Umgebung von Ischl aufgestellten Sockel und Säulen aus polirtem Alpenkalk schon 
jetzt eine Erweiterung ihrer feinen Risse, und wo schon ursprünglich solche Fugen sichtbar 
und mit Kitt verschlossen worden waren, erkennt man das gewaltsame Heraustreihen des! 
selben, während gleichzeitig durch den Einfluss der Kohlensäure der Glanz der Aussenlliiche 
mehr oder weniger vollständig verloren gegangen ist. Die Blöcke von riithlichem Marmor, 
welche vor wenigen Jahren in grösserem Massstabe zu Brunn-am-Gebirge bei Wiener- 
Neustadt gebrochen wurden, zsrfielen binnen kurzer Zeit unter dem Eindusse des Frostes 
zu polyedrischen Stücken. 
Etwas verwickelter sind die Erscheinungen, welche sich in dieser Richtung bei dem 
Granit kund geben, wie besonders aus dem Studium russischer Mineralogen über das Schick- 
sal des Schaftes der grossen Alexandersüule in St. Petersburg hervorgeht. Dieser Monolitb, 
welcher nach l-Ielmerseu S4 engl. Fnss Länge und I2 engl. Fuss Durchmesser hat und 
wohl mit Recht als der grösste in Europa gilt, wurde im Jahre 1831 an der finnischen
	        
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