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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 3)

Leider haben auch diese sechs Figuren schwer durch Verstümmelung 
gelitten, aber doch wieder nicht so sehr, daß wir uns von den künsterischen 
Absichten des Meisters keine Vorstellung machen könnten. Alle sind von 
feierlicher Ruhe erfüllt. Nicht zum wenigsten trägt hierzu die geschlossene, 
alle schroffen Übergänge vermeidende Urnrißlinie bei, die der tektonischen 
Aufgabe der Statue sich anzupassen verstand und die schlichte Größe der 
Gestalten bedingt. Die Körper der Frauen wie der Männer sind von 
kräftigem, fast derbem Wuchs, in den Proportionen etwas untersetzt und 
unter der Last der schweren Gewänder von ruhiger, gemessener Bewegung. 
Die Köpfe der Kaiser, umrahmt von langen Haaren und Bärten und bedeckt 
mit der Kaiserkrone, erscheinen zu groß zu den gedrungenen Körpern, die 
durch die starke gegensätzliche Betonung von Stand- und Spielbein überdies 
stark in sich zusammensinken. Der hierdurch bedingte Bewegungsrhythmus 
in Zusammenhang mit dem sich ihm anschließenden Neigen des Kopfes ver- 
leiht den Gestalten den offenbar beabsichtigten Eindruck stiller Trauer und 
schwerer Todesmüdigkeit. 
Trotz des unvollendeten Zustandes der Figuren läßt sich aber selbst in 
einigen Köpfen die künftige Form schon in der Anlage empfinden, so beson- 
ders an den unter Nr. 2 und 4 abgebildeten. Man erkennt wie unter einem 
Schleier Ziel und Absicht des Bildners. Überall betont er kräftig die stark in 
die Höhe gezogenen Augenbogen, unter denen die Augen tief eingebettet 
liegen, dann die starke von der Nase zu den Mundwinkeln verlaufende Furche, 
die durch das bäuerlich derbe Hervortreten der Backenknochen noch beson- 
ders auffallend wirkt, und die wie im Schmerz herabgezogenen Mundwinkel. 
Aber nicht nur, daß wir die Form allein erraten können, bei den beiden 
reifsten Figuren, die in den Köpfen nur noch des letzten Schliffes bedurft 
hätten, erkennen wir auch deutlich den angestrebten seelischen Ausdruck, 
dieselbe tiefe Wehmut und stille Resignation, die die Gestalten selber be- 
herrscht. 
Die Statuen des Speyerer Kaisergrabes lassen sich in ihrer Sonderstellung 
nicht mit den üblichen sepulkralen Porträts der Spätgotik vergleichen. Sie 
sind nicht wie diese als Selbstzweck und selbständige Kunstwerke geschaffen, 
sondern ordnen sich einem größeren künstlerischen Gedanken ein. Trotz 
Kronen und Zepter ist es nicht so sehr der Ausdruck einstiger Macht und 
Herrlichkeit, nicht die Bedeutung irdischer Größe und Majestät, ebenso- 
wenig aber auch der Sieg des unerbittlichen Herrschers Tod, der aus diesen 
ernsten Gestalten zu uns spricht, sondern, wo immer der reifere Zustand der 
Figuren ein Urteil erlaubt, die wahr empfundene und mächtig ergreifende 
Verkörperung tiefster Trauer. 
Neben den Fürstentiguren des Kaisergrabes bietet der Hinweis Maxi- 
milians auf das „kostlich grab", das „der kunstlich meister unserm fiirsten 
und rat, erzbischoven Leonharten zu Salzburg gemacht ha ", die beste Stütze 
für weitere Forschungen. Es handelt sich hier jedenfalls um den „cöstlich 
groß und künstlich in Märbel gehauenen Grabstain" des Erzbischofs, von
	        
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