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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 6 und 7)

Es sei auch nicht versäumt, darauf aufmerksam zu machen, daß unser 
Stück eine merkwürdige Perforierung hat, etwa in Gestalt von Handschellen 
oder vielleicht Schießscharten. Auch zwei Bijoux der ehemaligen Sammlung 
Rothschild in Frankfurt am Main haben in den Nischen Schlitze oder schlecht 
wiedergegebene Fenster, Figur 79 und 80. In beiden Fällen ist das Motiv 
überflüssig, weil es kompositionell wertlos, künstlerisch unmotiviert und or- 
namental unschön ist. Es scheint aber beiden Bildungen ein besser verstan- 
denes Vorbild zugrunde zu liegen. 
Figur 79. Nat. Gr. 
Rückseiten zweier 
Anhänger der 
ehemaligen Samm- 
lungKarlvonRoth- 
schild in Frankfurt 
am Main 
Figur 8c. Nat. Gr. 
  
Das vierte Schmuckstück, Tafel II und Figur 81 und 82 (ehemals im 
Besitze des Stiftes Rein bei Graz),mit dem Herrn im Elend ist zwar religiösen 
Inhalts, aber profanen Gebrauchs. Es gehört zu den feinsten seiner Art, und es 
ist schade, daß Photographie und Farbendruck ihm künstlerisch nicht gerecht 
werden. Der Künstler hat es verstanden, dem Email die Härte des Glanzes 
zu nehmen, aber den Spiegel der Lichter zu wahren, dem Golde die Brutalität 
der Fläche zu ersparen, aber die Ruhe eines unbestimmten I-Iintergrundes zu 
lassen. In der Komposition hat er die Zusammenstellung der Marterwerkzeuge 
an eine Bauphantasie anklingen lassen und sie dadurch aus der künstlerischen 
Ungenießbarkeit einer gedankenschweren Allegorie in ein Streiflicht von Wirk- 
lichkeit gerückt. Die körperliche Anordnung mit Vorder-, Mittel- und Hinter- 
grund, mit historischer Komposition und ornamentaler Umrahmung, hat er 
auf eine Höhe gebracht, welche alles als selbstverständlich erscheinen läßt. 
Die Lösung von Umrissen, Flächen und Tiefen für die Gestaltung des Ganzen 
ist meisterhaft. Man muß andere Stücke zur Vergleichung heranziehen und 
namentlich das Verhältnis von Vorder- und Rückseite prüfen, um zu erkennen, 
welches starke tektonische Gefühl sich hier offenbart.
	        
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