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der Maria Theresianischen wie auch in der Josefinischen Zeit viele zu-
gewanderte Künstler, die hier bodenständig werden und erst zu voller Ent-
faltung gelangen. In dieserReihe sehen wir schon Van Meytens, dahin gehören
neben dem Architekten Hohenberg und dem Bildhauer Beyer, Füger und
Oelenhainz. Sie alle zieht an: der glänzende Hof, die schöne reiche Stadt,
die treffliche Schule, die weithin berühmt war, seit Kaunitz sie reorganisiert
und auf eine neue humanistische Grundlage gestellt hatte. Noch ist die Zeit
nicht reif zu Monumentalaufträgen und das ist ein großer Schmerz für
Kaunitz, Sonnenfels, Sperges, die ja durchaus doktrinäre Akademiker sind.
Aber dem Porträt, dem Öl- und Miniaturporträt, kommt dies in hohem
Maße zugute; mit neuer fortschreitender Technik erobert es sich ganz neue
Qualitäten geistiger Art, aus dem pompösen Staatsbilde der Barocke und
des Rokoko wird das psychologische Porträt, das der Bildniskunst der
neuen Zeit ganz neue Aufgaben stellt und neue Wege weist.
Daß Kaiser Josef an dieser künstlerischen Entwicklung seiner Zeit, vor
allem unter ethischem und volkswirtschaftlichem Gesichtspunkte, regsten
Anteil nahm, ist verbürgt. Ein Kunststil, der absolute Schönheitsgesetze
proklamierte, an Bildung und Gesittung die höchsten Anforderungen stellte
und dessen Wortführer wie Kaunitz, Sonnenfels und Füger darauf hin-
arbeiteten, den akademischen Absolutismus in eine Art wissenschaftlichen
Systems zu bringen, ohne hierbei immer viel an die subjektiven Gefühle des
menschlichen Herzens zu denken, mußte einer großzügigen Herrschernatur
wie der josefs ganz und gar entsprechen. Auch die Tage des Klassizismus
waren gezählt, auf den Schlachtfeldern der Befreiungskriege ist er
zusammengebrochen, aber er wird immer wieder, wenn auch in immer
neuer Form, aufleben, so oft die Kultur der Menschheit neuen Aufschwunges
und neuer Richtlinien auf das Große und Erhabene bedarf.
KLEINE NACHRICHTEN 50'
ERLINER HERBSTAÜSSTELLÜNGEN. Die Zeitschrift der „Sturm"
bringt jungbelgische Kunst zur Schau mit interessanten Temperamenten.
Ich notierte mir F. Schirren. Er hat eine ilirrende Technik. Manche seiner Bilder
sind wie mit der Puderquaste gehaucht oder mit dem Vaporisateur farbig hingestäubt. An
den wischigen Schmelz der Schmetterlingsflügel kann man auch denken bei seinen Skizzen,
der „Digue" und der „Plage" am Meer mit rosa und blau überspielten gelben Dünen und in
der Ferne grünlila Streifen - die See.
Delikatessen haben die Stilleben in ihren verlöschenden I-Iarmonien blasser Rosen-
töne und versprengten schaumigen Goldes. Aus schummrigen Farbenwellen tauchen
Frauen auf im Schleierlicht transparenter Chiffon-Lampenschirme.
Dann M. jefferys. Seine Festvorbereitungen im Garten haben in ihrer Farbe etwas
Sprießendes, ein prangendes Blühen des rotsprenkligen Geästes der Baumlaube mit den
im Duhkolorit schwimmenden Lampignons, den satten gelbroten Blumen der Vase, und
in dieser Fülle hellschimmernd weiße Frauen.
Das phantastisch-bizarre Element bringt James Ensor, der den Kennern des Seltenen
und Seltsamen, der Fleurs du mal und der paradis artificiels in der bildenden Kunst durch