Laq.
Tirol steht ein vollständiger derartiger Ofen, wohl das bedeutendste Werk des
Meisters (Abb. 55). Dargestellt sind die fünf Sinne, jeder durch ein Liebes-
paar in vornehrner holländischer Tracht _und begleitet von einem Tier als
Attribut. Im Bogen der Umrahmung, die somit fünfmal ausgefertigt werden
mußte, sind die Bezeichnungen angebracht: Auditus (Abb. 56), Odoratus,
Tactus (Abb. 57), Gu-
stus und Visus (Abb.
58). Zur letztgenann-
ten Darstellung exi-
stiert ein in denDetails
abweichender Ent-
wurf, ein ovales Mo-
dell aus gebranntem
Ton (Abb. 59), wei-
ters eine in der deut-
schen Schweiz nicht
seltene Kachelvari-
ante, wobei die Figur
desLiebhabers keinen
Hut und an Stelle der
Kröse einen Umleg-
kragenträgt (Abb. 60).
Als Vorlage für
die Serie der fünf
Sinne wählte Georg
Vest Kupferstiche mit
moralisierenden Dar-
stellungen auf die Ge-
fahren der Verfüh-
rung. So trägt das
Blatt, nach dem das
Modell mit dem „Tac-
tus" kopiert wurde,
die Schrift: „Quae
Abb. 54. Kachel mit der Darstellung des Sommers, Meister Georg Vest, conspecta nocent,
nach 1610
manibus contingere
noli" (Was gefährlich ist anzusehen, ist noch gefährlicher zu berühren).
Die Stiche sind nicht signiert; sie gehören einem Holländer und vermutlich
Goltzius an. Vest hat diese nahezu getreu kopiert.
Der Ofen auf Schloß Tratzberg stand ursprünglich im Heubeckschen
Hause am Dürerplatz in Nürnberg. Er ist also nicht, wie allgemein und
auch von Wingenroth (Mitteilungen des Germanischen Museums, jahrgang
1902) angenommen wurde, nach England verkauft worden, sondern steht
in Österreich, der ersten Heimat der Vest. Ein ähnlicher, aber nicht so reich