ältere Geschmackssemester Kurt Herrmann zu vergleichen. Seine Orchideen und Tulpen,
lichtbestrahlt, wirken wie in Brand gesteckt, leckend, züngelnd, verüackernd, also auch im
Element aufgelöst, aber nicht in der Luft, sondern im Feuer.
Nicht viel weiter kam Ivo Hauptmann, Gerhards Sohn, der in verflossener Pointil-
listenmanier, in jenem Neu-Impressionismus, den der sechzigjährige Kurt Herrmann lang
überwand, den Hamburger Hafen illuminiert.
Apokalyptische Albgesiehte wühlt mit Beschwörer-kniff: des Gräßlichen Ludwig
Meidner hin mit seinen Phantasiestücken „Cholei-a" und „Barrikadeä voll Furia gefegt,
aus zerstückten Leibern getürmt: Gift, Asche, Nacht, chaotische Verwirrung. Und archai-
sierend gebärden sich Klaus Richter und Magnus Zeller, die zur gleichen Zeit auch bei
Paul Cassirer Sonderausstellungen haben. Richter geht auf den Spuren der Breughel und
des Hieronymus Bosch mit dem Zecher und dem Verlorenen Sohn als bärenhäutigen
simplizianischen Landstörzer auf altdeutscher Wiese. In ähnlicher Weise der Schilderei
behandelt Magnus Zeller, der sonst die Grimasse der Revolution, Guillotine und Terreur
liebt, die Geschichte vom reichen Mann und vom armen Lazarus. sturnpffarbig, holz-
schnittmäßig als Hächiges Prospekt-Tableau.
Wenn man dagegen die üppig italienische Behandlung desselben Themas in der
gleichen Ausstattung von Meid sieht, voll Pfauenfederkoloristik und Emailgeglitzer - dort
ein bescheidenes Kuriositätenkabinett auf einem dörflichen Wallfahrtsmarkt, hier die
schwelgerische Operndekoration eines bischöflichen Hoflagers - dann erkennt man, daß
es viel Wohnungen in der Sezession gibt. Felix Poppenberg
ARISER AUSSTELLUNGEN. Das andauernd schlechte Wetter im Monat März
verursachte einen ganz besonders regen Besuch der Kunstausstellungen. In den
beiden Salons des Automobilklubs und der Union Artistique fand in den Nachmittagstunden
ein geradezu beängstigendes Menschengedränge statt. Der erste Eindruck ist ein direkt
unsympathischer, denn die Beschauer, denen zumeist jeder künstlerische Gedanke fern
steht, verbreiten jene Atmosphäre von Ignoranz und Eitelkeit, welche die Verachtung
des Künstlers vor dem Urteil der Menge rechtfertigt. Ich spreche hier zuerst von dem
sogenannten „läpatantß dem Salon des „Cercle de l'Union Artistique. Porträte und wieder
Porträte von den bekanntesten Malern „ä la mode", und eigentlich erfaßt einen ein
Grausen vor allen diesen unheimlichen Gestalten, welche die moderne Pariserin charakte-
risieren. Die Arrangements sind alle so gesucht sensationell, der Ausdruck der geschminkten
Köpfe ist hart, nirgends eine Spur von Seele in einem Blick. Es wird genügen, wenn ich die
Namen der populärsten Künstler anführe, denn in nur ganz wenigen Fällen fühlt man sich
dazu veranlaßt, sich in den Anblick eines Bildes zu vertiefen. Als künstlerische Arbeiten
güten immerhin die Porträte von William Ablett, Josephe Aubert, La Palice de Chabannes,
Dagnan-Bouveret, Gabriel Ferrier, Henri Gervex, Maurice Demonts, Jules Cayron, Guinier,
Francois Flameng und Francois Schommer. Ein Damenporträt in Blau von Guirand de
Scevola ist sehr effektvoll, wenn auch nicht gerade anmutig. Der einzige wirklich ent-
zückende Frauenkopf ist ein kleines Brustbild (weiße Bluse und schwarzes Halsband),
gemalt von Denis Etcheverry. Bei weitem das beste Männerporträt ist jenes des Grafen
Chandon de Briailles von Roybet. Meister Leon Bonnat weist die ihm eigenen gediegenen
Qualitäten auf (Porträt des Marquis de Segur, Präsident der Union).
Paul Chabas geht diesmal in der Menge ein wenig verloren. Das Modell seines Por-
träts (Madame J. H.) ist kein besonders dankbares Sujet, welches nicht zu den besten
Arbeiten dieses Malers gehört. Von Alfred Roll sehen wir in einem Saal ein sehr poetisches,
Phantasiegebilde „L'Adieu"; unter den Porträten aber ein aufdringlich unschönes Frauen-
bild, dessen Farben an falsche Akkorde erinnern.
Georges Scott ist als Porträtmaler weniger glücklich als in seinen andern, fast
immer vorzüglichen Arbeiten. Zwei nackte Figuren von Friant, „devant la psyche" und