Überlegenheit der Wiener Kunstakademie und der persönlichen Begabung
Sorgenthals mit seiner auserlesenen Künstlerschar zusammen. Das Rokoko
hatte Wien gleichsam versäumt, denn nach der großen Barockperiode
Wiens war eine gewisse Sättigung auf dem Gebiete der künstlerischen
Produktion eingetreten; die nächste Generation aber, begeistert von den
Idealen des Klassizismus, griff schaffensfreudig in die schlaff gewordenen
Zügel. Berlin dagegen, angeeifert durch die Kunstliebe des Königs, hat dem
Rokoko vollstes Verständnis entgegengebracht, stand aber dagegen in der
Folgezeit unter dem Drucke schwerer politischer Sorgen.
Wie grundlegend die Anteilnahme des Königs besonders in den
ersten zehn Jahren für das Emporblühen der Manufaktur war, geht
neuerdings mit vollster Klarheit aus dem großen, prächtig ausgestatteten
]ubiläumswerke hervor} Ähnlich wie einst Meißen unter August dem
Starken wächst die Berliner Porzellan-
fabrik an den großen Aufträgen heran, die
ihr der König unermüdlich erteilt. Durch
sie wird Direktor Grieninger immer
wieder vor neue Probleme gestellt, immer
wieder gezwungen, seine Kräfte auf das
äußerste anzuspannen, die Erfindungs-
gabe der ihm zur Seite stehenden Künstler
zu rastlosem Schaffen aufzustacheln und
sich nur mit dem Besten zufrieden zu
geben. Die königlichen Aufträge bilden
den Kern des gesamten Betriebes, um den
sich die übrige Produktion gruppiert, die
durch jene Prachtstücke gegebenen Mo-
tive vereinfachend und variierend. Das
bezieht sich namentlich auf die Gefäß-
plastik.
In der Figurenplastik war der Ein-
fluß von seiten des Regenten nicht so
stark und hier hat Berlin ebenso wie Wien
neben einer auserwählten Gruppe ganz
vorzüglicher Arbeiten Werke geschaffen,
die mit jenen aus Meißen und den süd-
deutschen Fabriken nicht auf gleicher
Höhe stehen. Der Modellmeister Fried-
rich Elias Meyer war mehr als zehn
"' „Berliner Porzellan. Die Manufaktur Friedrich des
Großen: r763 bis 1786. Herausgegeben im Auftrage und
mit Unterstützung des Ministeriums für Handel und Ge-
werbe. Zurn einhundertundfünfzigjährigen Bestehen der
königlichen Porzellanmanufaktur zu Berlin. Bearbeitet von
Georg Lenz. Verlag von Reirnar Hobbing in Berlin. Zwei
Venus, von Friedrich Elias Meyer, um 1755 Bände Großfolio.