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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 3)

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tiven Völkern häufigen Schreckschmuck von einem bis an's andere Ende 
durchlaufen, vom Schönen bis zum Hässlichen. 
Bei der Thätigkeit des Schmückens erwacht zum ersten Male der 
Künstler im Menschen. In diesem Sinne kann man sagen: Sch muck ist 
die am menschlichen Körper sich entfaltende Kunst. Mag solche 
Kunst ursprünglich auch kaum noch diesen Namen verdienen. Ist ja der 
Kunsttrieb vom Spieltrieb in seinen Anfängen schwer zu trennen, immerhin 
sind die primitivsten Elemente decorativer Kunst bereits vorhanden. So 
deutlich indess das Gesagte den Ursprung des Schmuckes in das Gebiet der 
Acsthetik verweist, ist diese Zuweisung doch nicht so unangefochten, alS 
man meinen möchte. Vor Allem hat der Hinweis auf die Gefallsucht Ver- 
wirrung herbeigeführt, zumal man geschlechtliche Momente und 
scheinbare Parallel-Erscheinungen in der Thierwelt damit in 
Verbindung brachte. Indess Gefallsucht heißt doch nichts Anderes, als 
das Streben, auch in den Augen Anderer als schön zu gelten, ist also 
im Grunde weiter nichts als das nach socialer Richtung ausgebildete 
ästhetische Bedürfniss des Individuums. Es steht mit dem Wohlgefallen, 
das der Geschmückte an sich selbst findet, in innigstern Zusammenhang. 
Es ist also im Grunde gleichgiltig, ob ich sage, der Schmuck sei aus 
Gefallsucht entstanden oder er sei aus einem ästhetischen Bedürfnisse 
hervorgegangen. Soll aber schon zwischen beiden unterschieden werden, 
dann ist unzweifelhaft das ästhetische Bedlirfniss das Primäre. Jedes 
Kunstschaffen, und sei es noch so primitiv, strebt in die Weite. Der 
Künstler verlangt Beifall. Es genügt ihm nicht, seinem eigenen Schön- 
heitsdrange Ausdruck verliehen zu haben, er will wissen, wie weit sein 
subjectives Empfinden mit dem seiner Mitmenschen übereinstimmt. wDie 
Gesellschafter muss ihr Urtheil fällen. Niemand aber wird behaupten, dass 
zuerst ein dunkler Wunsch zu gefallen, die Seele eines Künstlers erfülle, 
und daraus erst irgend ein Kunstwerk hervorginge, sondern Jeder, weiß, 
dass der Weg der umgekehrte ist. 
Der eminent socialelug jeder künstlerischen Bethätigung gewinnt beim 
Schmuck aus leicht begreiflichen Ursachen noch ganz besondere Bedeu- 
tung. Ist doch der Mensch, der sich geschmückt hat, Künstler und Kunst- 
werk in einer Person. Wer sich schmückt, hat sich selbst zum Kunst- 
werk umgestaltet. Denn nicht auf die Herstellung des Schmuckes kommt 
es zunächst an, die kann eventuell von fremder Seite herrühren, sondern 
auf die Vereinigung des Körpers mit dem Schmucke, auf das Schmücken 
selbst, darin besteht die künstlerische That. In Folge dessen ist der 
Beifall nicht, wie bei anderen Gelegenheiten, wo es sich um ein Kunst- 
werk außerhalb des Menschen handelt, getheilt zwischen Urheber und 
Schöpfung, sondern trifft in dem Geschmückten beide voll und un- 
mittelbar. Die Befriedigung, die ein Geschmückter empfindet, ist daher 
eine außergewöhnlich große. 
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