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Volltext: Monatszeitschrift XVII (1914 / Heft 10)

edlen Aufgaben bereits geworden ist, und wie nötig jeder Schritt zur Besse- 
rung dieser Verhältnisse wäre." 
Wir wollen hier gleich die Aufklärung eines Mißverständnisses einfügen, 
das die erwähnte Schrift an bestimmter Stelle, die sich sonst weniger mit 
kirchlicher Kunst beschäftigt, gefunden zu haben scheint. Es wurde dem 
Ausschusse nämlich „materialistische" Gesinnung vorgeworfen, als ob er 
mit dem Erteilen von Aufgaben an Künstler schon die tieferen Fragen 
auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst lösen zu können dächte. Das 
Mißverständnis konnte aber nur dadurch entstehen, daß nicht die ganze 
Schrift mit gleichmäßiger Ruhe, sondern absatzweise und zusammenhanglos 
gelesen wurde. Es war dort ausdrücklich gesagt: „Der Mangel an verständnis- 
voller Beschäftigung der Besteller mit den Werken der Kunst und ihren 
Verfertigern hat aber auch die Künstler den kirchlichen Aufgaben so 
entwöhnt, daß sie solchen Arbeiten tatsächlich vielfach erfahrungs- und 
verständnislos gegenüberstehen." 
Damit ist doch wahrhaftig nicht gesagt, daß man durch Geld eine etwa 
entschwundene kirchliche Gesinnung wecken wolle; aber man war offenbar 
der Überzeugung, daß auch ein tieferes und ein religiöses Gemüt bei der 
Schaffung eines Werkes nicht genügen, wenn man auf einem bestimmten 
Kunstgebiete gar keine Erfahrung habe. Denn nur durch die Ausführung 
kann man lernen, nur von Werk zu Werk vorschreiten. Auch ein gläubiger 
Künstler wird einen Kelch, ein Meßgewand oder anderes besser schaffen, 
wenn er weiß, wie der Priester sich seiner im einzelnen bedient. Denn es 
ist doch etwas anderes, eine weihevolle Handlung seelisch mitzumachen 
oder die Hilfsmittel dieser Handlung zu schaffen. 
So ist es wohl auch mit Reliquiaren; sie sind gewiß kein unbedingt 
nötiger Bestandteil des Gottesdienstes, aber seit alter Zeit eine edle Zier auf 
dem Tische des Herrn. Wenn die heilige Handlung des Meßopfers gewisser- 
maßen über einem Grabe vorgenommen wird, ist doch in jeden Altar eine 
Reliquie eingebettet, so bilden die oben aufgestellten Überreste früherer 
Blutzeugen und Glaubenshelden gewissermaßen einen großen über die 
Zeiten hinausreichenden Bund zwischen der andächtigen Gemeinde, ihren 
Vorfahren und damit auch ihrer Zukunft. 
Es war ein schöner Gedanke des Künstlers, die hier in Betracht 
kommenden ehrwürdigen Reste zu ihrer dauernden Ruhe in ein festes 
Gehäuse zu schließen, aber gläubig suchendem Blicke doch offen zu legen 
und das Ganze in feierlicher Weise emporzuheben. Es durfte keine mit dem 
Altare verwachsene Sache sein, denn es ist ein edler Schmuck, aber kein 
wesentlicher Teil desselben. Es sollte nicht das liturgisch Wichtige zurück- 
drängen, aber doch beitragen, die Feierlichkeit des Ganzen zu heben. Wir 
können uns wohl denken, daß diese monumentalen und doch beweglichen, 
diese prächtigen und doch wieder schlichten Gehäuse zwischen den 
liturgisch vorgeschriebenen Leuchtern und den kirchlich gewünschten 
Blumen sich zu einem würdigen Bilde vereinigen. 
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