Erzeugung des Rohmaterials und Gespinstes sowie die FÀrberei mÌssen wir
hier darum auÃer Betracht lassenf
Wir wissen heute, daà die österreichische Seidenweberei (von unbedeuten-
den Vorstufen abgesehen) in die zweite HÀlfte des XVII. Jahrhunderts zurÌck-
reicht und daà Johann Joachim Becher zu ihren I-IauptbegrÌndern gehört."
Im Jahre 1702 waren in Wien zwanzig steuerzahlende âSeidenfabrica-
tores" tÀtig; 1710 wurde eine âBruderschaft der bÃŒrgerlichen Sammt-, Gold-,
Silber, Seiden- und Halbseidenzeugmacher" begrÃŒndetffi" Daneben gab es
noch "I-Iofbefreite" auf diesem Gebiete.
Der erste groÃe Seidenweber Wiens war anscheinend Matthias Hengst-
berger, der das Unternehmen eines I-Iandelsrnannes Bratti ÃŒbernommen
hatte und zusammen mit den I-Iandelsleuten Peter Passardi und Johann
Bussi, nicht ohne Streitigkeiten mit den zÃŒnftigen Meistern, weiterfÃŒhrte. Er
wird auch als einer der ersten erwÀhnt, die AuftrÀge fÌr den Hof erhielten.
Er galt zudem als der erste "reiche" Seidenzeugfabrikant Wiens. Als solcher
konnte er dann auch im Jahre 1714 ein groÃes GebÀude mit einem aus-
gedehnten Garten errichten, auf dem spÀter einer der wichtigsten Teile der
Vorstadt Schottenfeld, des erwÀhnten Hauptsitzes der Wiener Seiden-
weberei, entstand-J-
Wir wollen hier nicht unerwÀhnt lassen, daà schon um das Jahr 1721
die âSt. Ulrichs-Cassa", eine WohltÀtigkeitsanstalt fÃŒr erkrankte Seidenzeug-
machergesellen, bestand; es war eine sogenannte Lade, die noch bis weit ins
XIX. Jahrhundert hinein segensreich wirktetfi- In jener alten Zeit bildete sich
auch schon der Brauch aus, daà die Mitglieder der Lade Wallfahrten nach
Atzgersdorf unternahmen, um Abwendung der Krankheit sowie Segen fÃŒr
Gewerbe und Kaiserhaus zu erllehen; noch im Jahre 1839 stifteten die
' Ãber âDie Erzeugung der Rohseide" in Ãsterreich siehe Bujatti a. a. 0., Seite zg, 49 HZ, go 8., ÃŒber Görz
insbesondere Seite 92 H. Ãber âDie FÀrberei" daselbst Seite 37 B1, Seite 148 ff. Der Zunftbrief fÃŒr die Wiener
FÀrber von 1714, daselbst Seite 5. Ãber die Anstalt fÃŒr Seidenkultur in der Leopoldstadt zu Wien siehe auch
A. Ilg, ,.Wiener Handel und Gewerbe im XVIII. Jahrhundert" (Wien, 1888), Seite ao. Daselbst werden auf
Seite 23 auch Filatorien in Hietzing und auf der Fischermiihle erwÀhnt.
Nach Bujatti (a. a. 0., Seite 13, Anmerkung 3) ist als erster Wiener Seidenweber ein Johann Fux im
Jahre 1511 nachweisbar. Siehe auch Helene Deutsch, a. n. 0., Seite 56.
Ein "Jacob Missel, zendelwircher" wird im Jahre 158g in den Rechnungen des Wiener stÀdtischen Ober-
kÀmmerers als BÌrger angefÌhrt (Jahrbuch der Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, XVIII, Reg.
Nr. 15.852, f. u). ErwÀhnen wollen wir auch die Ordnung fÌr auslÀndische Kaufleute vom Jahre 1535, da sie
verschiedene damals eingeÃŒlhrte SeidenstoÃarten anfiihrt (ebenda, Reg. Nr. 15.671).
Becher war Leibarzt des KurfÌrsten Johann Philipp von Schönborn und Professor in Mainz, dann
kameralistischer Ratgeber am pfÀlzischen Hofe. Im Jahre 1566 wurde er nach Ãsterreich berufen und blieb
hier 12 Jahre. Eingehenderes Ìber seine TÀtigkeit bei Bujatti, a. a. 0., Seite G, auch bei Helene Deutsch, a. a. 0.,
Seite 51 s.
Die auf Bechers Veranlassung entstandenen Unternehmungen und die Seidenmanufaktur im Manufaktur-
warenhause am Tabor in Wien gingen aber bald wieder ein (Slokar, a. a. 0., Seite 385).
Ãber frÃŒhe italienische Seidenweber in Ãsterreich siehe auch Bujatti, a. a. 0., Seite 14.
Bei Bujatti, a. a. 0., Seite 3 B1, eingehend besprochen. Ãber die Vereinigung der Innung der DÃŒnn-
tuchmacher mit jener der Seiden- und Samtmacher daselbst Seite 57.
1- "Denkbuch der Pfarre Sct. Laurenz im Schottenfelde" (Wien, 1839), Seite 17. Ãber Hengstberger auch
Bujatti, a. a. 0., Seite 18, und Helene Deutsch, a. a. 0., Seite 5B. Die Regierung war ÃŒbrigens schon 1709, also
ein Jahr vor GrÃŒndung der "Bruderschaft", auf seine Seite getreten. Ãber Hengstberger und einige
andere Weber der Zeit Karls VI. und Maria Theresias siehe auch llg, a. a. 0., Seite 22, 23.
1-1- "Denkbuch der Pfarre Set. Laurenz Seite 87 lf.