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Volltext: Monatszeitschrift XIX (1916 / Heft 3 und 4)

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tischen Zeit versagt. Daher scheiterte auch Schinkels Gotik, woran die 
mittelalterlichen Gelüste von Hübsch und Gärtner gescheitert sind, an dem 
Nichtverstehen ihrer Grundelemente, an der bloß dekorativen Art, ihre 
Äußerlichkeiten sich anzueignen. Seine Entwürfe zeigen mehr den hoch- 
iiiegenden Sinn des Phantasten, dem es die Poesie der hohen Wölbungen 
und das Fialengewirr des Kölner Doms angetan haben, als den praktischen 
Verstand des Architekten, der mit der Schwere des Materials rechnen 
muß; seine ausgeführten Bauten sind von schematischer Nüchternheit. Die 
eiserne „Spitzsäule" auf dem Kreuzberg in Berlin vollends gibt Anlaß, ihm 
für die Einsicht dankbar zu sein, daß sein klassizistisch empl-indender 
 
Gußeisernes Geländer an der Schloßbrücke in Berlin (nach Brüning) 
Geschmack ihn die andern Entwürfe für Gußeisen nicht im „rheinischen 
Stil" zeichnen ließ. 
Die folgende Generation zehrte von dem Kapital, das der große Meister 
hinterlassen hatte; besonders da noch bis zu den sechziger Jahren von einer 
Kunstschlosserei nicht die Rede war und die Gitter nach wie vor gegossen 
wurden. Erst Ende der fünfziger Jahre begann die Wiederaufnahme der 
Schmiedekunst durch Werkstätten großen Stils. Das Eisen, dessen Bear- 
beitung ja eine der ursprünglichsten und reizvollsten Taten des formenden 
Geistes darstellt, genoß kraft dieses seines technischen Privilegs auch den 
Vorzug, nach dem Verfall aller gewerblichen Leistungen im XIX. Jahrhundert 
mit am frühesten zu neuem Leben erweckt zu werden. Wenn dieses Leben 
auch, dem ganzen Zug der Zeit von „unser Väter Werk" folgend, sehr lange 
ein eklektisches blieb und von der Schönheit des XVIII. Jahrhunderts zehrte, 
so bleibt doch bemerkenswert, daß es selten in den extremen Verfall des Stil-
	        
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