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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 11)

Das ist nun ein ganz besonderes Leben in dieser Abtheilung der 
französischen Colonien. Das ist keine Ausstellung mehr, das ist eine Ver- 
pßanzung von Land und Leuten. Die französische Regierung hat es sich 
angelegen sein lassen, ihre gestimmten Colonien, insbesondere auch die- 
jenigen, welche neueste Eroberungen sind, so vollständig wie möglich 
vor die Augen der Besucher zu stellen. So sind es nicht blos schöne 
und stattliche Gebäude mit dem Palaste der Colorrien in der Mitte, 
welche in einer Reihe an dieser Straße entlang, den einzelnen Ländern 
und Völkerschaften für ihre Producte im nationalen Stile erbaut sind, 
es sind nicht blos Schmucksachen und Rohproducte oder Darstellungen 
von Boden, Städten und Leuten, welche in diesen Gebäuden zur Aus- 
stellung gebracht worden, man hat auch die Menschen genommen mit 
allen ihren Eigentbümlichkeiten, mit den Hausthieren selbst, und neben 
jenen Gebäuden und hinter denselben zur Schau gestellt. 
Es ist immerhin ein stattlicher Palast arabischen Stiles, welcher 
als erster in der Reihe das Land Algier zu vertreten hat, und ihm folgt 
zum zweiten das Haus von Tunis mit seinem säulenumgebenen Hof, dem 
Atrium des antiken Hauses, in der Mitte. Man würde glauben im pompe- 
janischen Hause zu sein, wenn nicht Bogen und Ornamente uns eines 
Anderen belehrten, so sehr folgt das orientalische Haus in seinem Plane 
dem antiken griechisch-römischen Hause, von dem es auch abzuleiten ist. 
Hier in diesen von den Landesproducten vollgestopften Häusern wird 
uns auch Gelegenheit die Gegenstände sofort zu erwerben, um uns 
von der Echtheit, auch wohl der Unechtheit zu überzeugen. Hier gibt 
es Bazare, Restaurants, Cafäs, in denen man nach Landesart von Afri- 
kanern bedient wird. Und hinter diesen Gebäuden, wie hinter der Cultur 
der Städte, haben sich Beduinen und Kabylen, die Söhne der Wüste 
und des Gebirges, unter ihren Zelten angesiedelt, nicht allein die Männer, 
sondern Familien mit Weibern und Kindern. Hier sieht man sie ihre 
schönen Pferde besorgen, hier sieht man sie am Webstuhl oder fleißig 
gebeugt über ihrer feinen Silberarbeit. Alles geht still ohne einen Laut 
vor sich, und still, aber ungenirt, als wären sie hier zu Hause, streichen 
die beturbanten braunen und schwarzen Menschen mit ihrer rothen, 
blauen, grünen oder weißen faltigen Kleidung durch die drängende 
Menge der Besucher. 
Auf Tunis folgen die neuen Eroberungen in Ostasien, Anam und 
Tonkin, sammt einer großen Pagode, bunte Bauten, in Farbe, Ornamentik 
und architektonischem Stil Zeugen ihrer chinesischen Nachbarschaft und 
ihrer Abhängigkeit von chinesischer Kunst und Cultur. Auch hier ist das 
Volk selbst herbeigerufen sich der civilisirten Welt Eurnpa's vorzustellen. 
Die Gebäude und ihr Inhalt sind von tonkinesischeru Soldaten bewacht, 
Tonkinesen, chinesisch gekleidet, mit trichterförmigem Spitzhut auf dem 
Kopfe, stehen bereit, in ihren zweirädrigen, buntlackirten Wagen müde 
Besucher durch die Ausstellung zu fahren gleich den Dienstmännern, ein
	        
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