DAS BAUERNHAUS IM BREGENZER WALD
VON H. E. VO__N BERLEPSCH-VALENDAS-
PLANEGG-MUNCHEN
M äußersten Westen der österreichisch-ungari-
', schen Monarchie liegt, nach Süden und gegen
T ' den Rhein hin an die zum Teil von Romanen,
zum Teil von Alemannen bewohnten Teile der
Schweiz, nach Norden an das von Schwaben be-
völkerte bayerische Allgäu grenzend, ein Kom-
plex von Talschaften, die politisch zu Vorarlberg
gehörend, zusammengenommen den Bregenzer
Wald bilden. Das Land ist bergig; der hintere
Wald weist zahlreiche Erhebungen auf, deren
Höhe über 2000 Meter beträgt, mithin als eigent-
liches Hochgebirge bezeichnet werden müssen. Abgeschlossen wie das Land
bis vor kurzer Zeit war - es hat in den letzten Jahren auch seine Eisenbahn
bekommen, die freilich ein Muster weder im Betrieb noch als Anlage ist -
hat es viele Eigentümlichkeiten bewahrt, die man als spezifisch wälderisch
bezeichnen muß. Der weibliche Teil der Bevölkerung geht noch heute fast
ausnahmslos in der schmucken, dabei schlichten Landestracht. An Sonn- und
Festtagen, bei Prozessionen sieht man die Jungfrauen", auch hoch bejahrte,
manche gebückt vom Alter, daherschreiten mit der goldenen Kopfbedeckung,
dem „Tschapel", während, was „unter die Haube" gekommen ist, auch meist
eine aus Wolle gestrickte birnförmige Haube oder einen dunkelgefärbten
Strohhut trägt. Der Stoff der weiblichen Kleidung ist ein fein gefältelter
schwarzer Perkal, dessen Glanz durch das „Glasten", ein Polieren des mit
einer Wachslösung getränkten Gewebes, hervorgebracht wird. Wer weiß
sonst in den Landen deutscher Zunge, daß es ein noch gebrauchtes Zeitwort
„Glasten", das heißt glänzend machen, gibt, ist doch selbst das Substantivum
„Glast" nur noch in der poetischen Ausdrucksweise gebräuchlich. Lange wird
es jetzt, wo auch diese stillen Gebirgstäler den alle Ursprünglichkeit im Volks-
tum vernichtenden Strom der Fremden allmählich eindringen sehen, wohl nicht
mehr dauern und der letzte Glast-Apparat wandert dahin, wo so vieles andere
hingewandert ist, was durch den „Fortschri " der Neuzeit, durch billige
Massenprodukte, deren wesentliches Cachet meist in der Geschmacklosigkeit
beruht, verdrängt worden ist. Das Landesmuseum in Bregenz wird also nicht
fehlgehen, wenn es diese Dinge im Auge behält, um sie dereinst als Zeuge
der Tätigkeit einer vergangenen Zeit den Museumsbeständen einzuverleiben.
Nebenbei gesagt wäre es mindestens ebenso wichtig, in den Museen die Ent-
wicklung des Handwerkzeugs zu illustrieren, wie die Geschichte des fertigen
Artefacts. Das ist an einigen wenigen Orten geschehen, vorzugsweise in den
durchaus vorbildlichen Freiluftmuseen des skandinavischen Nordens, deren
Begründer glücklicherweise die Wichtigkeit der Sache einsahen, als noch