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zu werde» braucht, diejenige» Bautheile, deren Herstellung man eine ganz besondere
Sorgfalt zuwandte, nämlich die Burgkapellen, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Am
besten erhalten ist die wohl unter Wenzel I. begonnene Burgkapelle in Klingenberg,
ein rechteckiger, von zwei Gewölbejochen überspannter Raum, an dessen Wänden die spitzen
Kleeblattbogen der Nischen auf zierlichen, mit feinen Kelch- und Knospencapitälen ans
gestatteten Säulen ruhen. Dreipässe bilden das Maßwerk der zweifeldrigen, mit zierlichen
Sänlchen besetzten Spitzbogenfenster, unter denen ein im Wasserschlagsprofil gehaltenes
Gesimse hinläuft. Die sechskappigen Gewölbejoche erscheinen als eine reichere, von dem
Gewöhnlichen abweichende Bildung, deren rechtwinklige Rippenprofilirung noch die Über
gangsform festhält. Hier wie in einigen anderen Theilen der Klingenberger Burg verdient
die tüchtige Ausführung der Rippen, Schlußsteine, Consolen, Capitäle und dergleichen
besonders auch deshalb alleBeachtung,weil das sehrharteGranitmaterial mancheSchwierig-
keit der Bearbeitung bot. In der heute zu den schönsten und besuchtesten Ruinen Böhmens
zahlenden Kapelle der Burg Bösig verweist der Nischenschmuck an den fünf Seiten des
Achtecks, das Horizontalgesims, die Zweifeldrigkeit der einst vorwiegend mit Dreipaß
maßwerk ausgestatteten Fenster, die Einstellung der Sänlchen an den Fensterleibungen
und die sorgsame Arbeit der Capitäle an den als Gewölbetrüger angeordneten Säulen
auf denselben Bandrauch und eine nicht viel spätere Ballführung, der schon eine reichere,
durch Auskehlungen belebte Prvfilirung der spitzbogig ansteigenden Rippen bekannt
war. Polygonalen Chorschluß und Nischen mit Deckung spitzer Klecblattbogen, zwischen
welchen in Kreisen noch Vierpässe eingestellt wurden, ordnete man auch für die Kapelle
der königlichen Burg in Pisek an, deren heute als Militärmagazin dienender Rittersaal
zweifeldrige, mit Dreipaß gezierte Spitzbogensenster, sowie die Rippenbehandlung und der
Consolenschmnck Beziehungen zu Klingenberg zeigen. Die Fertigstellung der genannten
Anlagen dürfte unter Premysl Ottokar II. erfolgt sein. Der Negierungszeit Wenzels II.
gehört die Inangriffnahme der schönen Erkerkapelle des Wül scheu Hofes in Kutten-
bcrg an, deren aus fünf Seiten des Achtecks gezogener Chor eine ungemein malerische
Wirkung erzielt, aber gleich dem Innern in spätgothischer Zeit, die gerade in Knttenberg
mit einer Reihe vortrefflicher Denkmale einsetzt, stark überarbeitet wurde. Künstlerisch
hervorragende und umfangreiche frühgothische Überreste des Profanbanes haben sich
weder in Burgen noch in Befestigungswerken einzelner Städte erhalten.
Der Kirchenban der Frühgvthik, welcher bei den Cisterciensern deutsche und franzö
sische Einflüsse hervortreten ließ, hielt bei größeren Bauten an der Dreischiffigkeit des mit
niedrigen Abseiten oder als Hallenanlage aufgeführtcn Langhauses fest und bevorzugte
bei Bettelmönchsniederlassungen langgestreckte Presbyterien. Zweischifsige Anlagen wie
in Sobeslau oder bei der Bechiner Minoritenkirche gehören zu den Seltenheiten,